Dienstag, 05. November 2024

„Wir möchten Ihnen für Ihre Gastfreundschaft danken“: Udo Loreth hat zwei ukrainische Familien aufgenommen

27. März 2022 | Kategorie: Kreis Germersheim, Regional

Die Flüchtlingsfamilien mit Herbergsvater Udo Loreth (links) und Übersetzerin Jule Loreth (vorne).
Foto: ula

Kandel – Bei der Kandeler Hilfsaktion für die Ukraine Anfang März, eine der ersten in der Pfalz, haben die Helfer auf der Rückfahrt 13 ukrainische Flüchtlinge von Polen mit nach Kandel gebracht.

Sie gehören zu zwei Familien, von denen einige Mitglieder bereits hier waren, vermittelt durch eine Verwandte, die schon länger in Kandel lebt. Es sind zwei Ehepaare Mitte 40 mit acht und fünf Kindern, dazu eine Oma. Die Männer durften auch mit – als Väter kinderreicher Familien sind sie vom Wehrdienst befreit.

Udo Loreth, Ehemann der verstorbenen Bürgermeisterin a. D. Christa Loreth, bietet allen in seinem ehemaligen Haus Unterkunft. Ein Glücksfall für die Flüchtlinge. Loreth hat sein Haus in der Kolpingstraße zwar vor kurzem verkauft. Es wechselt im Mai den Besitzer, er selbst ist schon ausgezogen. Noch gilt eine Übergangsfrist. Loreth kann das Haus für die Flüchtlinge nutzen und kümmert sich auch um sie. Jetzt herrscht Leben in der Bude wie nie zuvor, vom Keller bis unters Dach.

„Seit Wochen sind wir schon im Einsatz“, berichtet Loreth. „Bei der Verbandsgemeinde Kandel haben wir die Flüchtlinge angemeldet. Da bekommen sie jede Woche ein paar Euro. Bei der Wörther Tafel können sie viele Dinge günstig einkaufen. In der Kleiderkammer Kandel erhalten sie Bekleidung.“

Ukrainische Währung wird nicht umgetauscht

Mit einem der  Väter hat er eine Runde durch Kandel gemacht, unter anderem zur VR Bank. In der Ukraine hat der Mann ein Konto mit umgerechnet ca. 1.500 Euro Guthaben. „Aber die ukrainische Währung (Hrywnja) tauscht dir im Moment keiner um. Auch in Karlsruhe macht das keine Bank“, so Loreth.

Der neue Hausbesitzer hat angedeutet, dass es ihm auf einige Tage nicht ankommt, wenn es Probleme mit der Nachfolgeunterkunft gibt. Er möchte vieles umbauen. Als Unternehmer kann er den beiden Vätern, sobald sie die Bewilligung haben, wahrscheinlich sogar Arbeit bieten. „Das wäre toll. Die wollen ja Geld verdienen“, so Udo Loreth. Bei der Verständigung mit den Flüchtlingen hilft Enkelin Jule Loreth mit der Übersetzungs-App auf ihrem Smartphone.

Anatoli, Vater von acht Kindern, kann nach Auskunft der Verbandsgemeinde mit seiner Familie in nächster Zeit ein Haus in Freckenfeld beziehen. Ruslan, Vater von fünf Kindern, ist noch auf der Suche.

„Wir verließen die Ukraine, erreichten die Grenze zu Polen, und von Polen nach Kandel fuhren wir etwa 1.400 Kilometer“, erzählen die beiden. „Unsere Heimatstadt liegt etwa 140 Kilometer von Kiew entfernt. Wir hatten oft Luftalarm und machten uns große Sorgen, dass Bomben fallen. Es war für die Kinder unmöglich, draußen zu spielen. Flugzeuge und Raketen flogen über uns hinweg, und wir entschieden uns, dass es besser ist, diesen Ort zu verlassen. Unsere Freunde in der Heimat haben uns berichtet, dass einige Raketen eingeschlagen sind.“

Kinder haben Angst vor Bomben

Die Kinder beenden das Schuljahr mit Online-Unterricht auf einem ukrainischen Portal. Der Lehrer in der Ukraine unterrichtet, die Kinder lernen hier bis ungefähr 12 Uhr. „Wenn wir im nächsten Schuljahr noch hier sind, gehen sie in eine deutsche Schule“, so die Eltern. Während des Online-Unterrichts diese Woche hörten die Kinder den Luftalarm in ihrer Heimatstadt. „Sie gerieten in Panik und wollten sich im Keller verstecken.“ Die Eltern hätten sie lange beruhigen und erklären müssen, dass der Alarm sich nicht hier abspiele, erzählt Loreth. 

In Kandel können die Kinder endlich wieder unbeschwert spielen. Foto: ula

Anatoli: „Wir wollen, dass der Krieg endet und aufhört, Zivilisten und Menschen im Allgemeinen zu töten. Hier ist alles in Ordnung, aber einige von uns husten. Unsere Freunde in der Ukraine berichten, dass sie mehrere Tage im Keller verbrachten. Es gab große Bombenangriffe. Als sie hinausgingen, wurde ein Mädchen durch eine Kugel getötet. Wenn sie eingekreist werden, können sie nicht mehr fliehen.“

Kita-Plätze schwierig

Unterdessen wurde den Familien von der Stadt mitgeteilt, dass es momentan keinen Platz im Kindergarten gibt. „Aber wir werden bald in ein Nachbardorf (Freckenfeld) ziehen und dort wurde uns gesagt, dass es einen Platz im Kindergarten für unsere Kinder geben könnte“, so Anatoli. 

„Wir möchten Ihnen für Ihre Gastfreundschaft danken. Wir erleben gute Beziehungen. Wir sind den Eigentümern und Ihrer Stadt und im Allgemeinen allen Leuten dankbar. Möge Gott Ihnen einen friedlichen Himmel über ihren Köpfen geben“, so die gläubigen Familienväter. (ula/red)

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