Neustadt. Der Prozess um den Unglücksfall im Holiday Park mit drei Angeklagten ging gestern nach einem langen, sechstündigen Prozess-Tag (er war wegen eines Befangenheitsantrags bezüglich eines Gutachters unterbrochen worden) im Neustadter Amtsgericht mit der Urteilsverkündung zu Ende.
Ein 11-jähriges Mädchen war am 15. August 2014 durch das Fahrgeschäft Spinning Barrels (Drehende Fässer) im Holiday Park zu Tode gekommen.
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer für alle drei Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung Geldstrafen von 1800, 4500 und 7000 Euro beantragt.
Die Nebenklage, die die Eltern des toten Mädchens vertrat, plädierte gar für eine Freiheitsstrafe, die bei fahrlässiger Tötung eine Geldstrafe oder bis zu 5 Jahren Haft vorsieht. „Man muss sich wundern, dass diese Tragödie nicht schon früher passiert ist“, sagte ein Anwalt der Kläger. Der Unfall sei ein Ergebnis der jahrelangen mangelnden Sicherheitskontrollen.
Das Urteil lautete „Fahrlässige Tötung“ im Fall des 22-Jährigen Th., der das Fahrgeschäft am Unfalltag bedient hatte. Er erhielt eine Geldstrafe von 2400 Euro. Die beiden anderen Angeklagten L. und K. wurden frei gesprochen. Ihnen konnte keine Vernachlässigung der Sorgfaltspflicht nachgewiesen werden.
In sieben Verhandlungstagen versuchte der Vorsitzende Richter Alexander Mehlan Licht ins Dunkel zu bringen. Es wurden 60 Zeugen befragt, Gutachter kamen zu Wort, es gab auch einen Vor-Ort-Termin im Holiday Park.
Technische Unregelmäßigkeiten kamen zur Sprache, aber auch Unzulänglichkeiten innerhalb der drei Ebenen „Fahrgeschäftbediener“, „Einweiser“ (Stewart) und einer übergeordneten Park-Kontrollinstanz, denen die drei Angeklagten jeweils angehörten.
War die Eingangstür defekt, wie ein Mitarbeiter ausgesagt hatte (Druckluftventil nicht in Ordnung)?
Und wieso konnte das Fahrgeschäft bei geöffneter Tür überhaupt gestartet werden? Einige der offenen Fragen, die sich im Prozess nicht endgültig klären ließen.
Den schriftlichen Sicherheitsanweisungen wurde jedoch augenscheinlich nicht in angemessenem Maß entsprochen.
Ein Beispiel: Das Mädchen und seine Mutter waren durch die geöffnete Tür gekommen. Th. hatte gesagt, er habe die Tür geschlossen, habe auch einen Kontrollblick getätigt, bevor er das Fahrgeschäft in Gang gesetzt habe.
Die Schließung der Tür nahm ihm Richter Mehlan nicht ab, gab aber zu, dass Th. selbst durch einen angebrachten Spiegel, nicht die ganze Plattform habe übersehen können. „Da nützte auch ein Kontrollblick nichts“, so Mehlen. In einem Video eines anderen Verhandlungstages, bei dem der Unfall nachgestellt worden war, war genau das auch zu sehen. Zudem waren an diesem Tag die Wetterverhältnisse sehr schlecht.
Eine Durchsage „Achtung, die Fahrt beginnt“ wurde von Th. nicht gemacht, was er auch zugegeben hatte. Man (der angeklagte Steward L.) habe ihm dies nicht in der Unterweisung gesagt.
Wäre der Unfall durch eine erfolgte Durchsage vermeidbar gewesen? Wahrscheinlich schon, vermutet Richter Mehlan in seiner Urteilsbegründung. Ob die wenigen Sekunden vor Drehung der Spinning Barrels, es allerdings dem Mädchen ermöglicht hätte, sich in Sicherheit zu bringen, vermochte der Richter auch nicht zu sagen. „Der genaue Sturz ist nicht mehr aufklärbar“.
Mehr zu den Hintergründen gibt es hier.
Update vom 10. Juni 2016:
Berufung
Die Staatsanwaltschaft, die Mutter des Kindes sowie der Ex-Bediener haben Berufung gegen die Freisprüche eingelegt. Wird die Berufung nicht zurückgenommen, kommt es zum erneuten Aufrollen des Falls vor dem Landgericht Frankenthal. (desa)
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