Landau. Nach sechs Verhandlungstagen ging heute der Prozess um den Raubmord an einer 86-Jährigen Mörlheimerin mit dem Urteilsspruch für den dritten Angeklagten zu Ende.
Lebenslang für den 25-Jährigen Rumänen D. – damit entsprach das Urteil der Forderung der Staatsanwaltschaft, die wegen Raubes mit Todesfolge und gemeinschaftlichem Mord eine lebenslange Haftstrafe gefordert hatte. Die Verteidigung hatte eine Strafe unter zehn Jahren gefordert.
Beim Prozess letztes Jahr waren die beiden Komplizen von D. , bei denen das Gericht die „besondere Schwere der Schuld“ festgestellt hatte, ebenfalls zu „Lebenslänglich“ verurteilt worden.
Dieses Urteil wurde vom Bundesgerichtshof nun aufgehoben und zurück ans Landgericht überwiesen, wo eine andere Kammer sich noch einmal mit dem Geständnis eines der Angeklagten auseinander setzen muss. Er hatte die beiden anderen nach der Kronzeugenregelung belastet, was sich strafmildernd auswirken könnte, laut BGH.
Gestern, am vorletzten Prozesstag war noch einmal ein Gutachter ausgiebig auf die Spurenlage im Haus der Getöteten eingegangen, Staatsanwältin, Vertreterin der Nebenkläger und Verteidiger hatten ihre Plädoyers abgehalten – die Beweisaufnahme war damit geschlossen.
Heute nun Urteilsspruch, den der Vorsitzende Richter Jörg Bork mit einer fast zweistündigen Urteilsbegründung belegte. Hier wurde noch einmal die ganze Grausamkeit der Tat deutlich.
Das Urteil wurde von den anwesenden Prozessteilnehmern begrüßt. „Wir haben nichts anderes erwartet“, sagte einer der Zuhörer zufrieden.
Die Kinder des Opfers, die nun schon zum zweiten Mal die schrecklichen Ereignisse anhören mussten, sind zu bedauern.
„Es ist bewundernswert, was die Angehörigen ertragen müssen“, so Bork. Sie wurden zum Teil auch als Zeugen befragt und gaben von ihrer Mutter das Bild einer bodenständigen, hilfsbereiten Frau, die sieben Kinder aufgezogen hatte.
Sie habe aus Gottvertrauen heraus an die Zukunft geglaubt, so der Vorsitzende Richter. Sie sei in einem beneidenswerten körperlichen Zustand gewesen, was ihr auch zum Verhängnis geworden sei, führte Bork weiter aus.
„Obwohl sie vorsichtig geworden war und immer das Hoftor verschlossen hielt, hatte sie ihr Herz und ihre Kinderliebe nicht verschlossen“. Nach und nach schilderte der Richter noch einmal den vermuteten Ablauf dieser Nacht, in der die von allen geachtete und beliebte Frau ihr Leben auf so brutale Art verloren hatte.
Dazu hatte Richter Bork weit ausgeholt, zunächst die Lebensumstände des Angeklagten, der ohne Perspektiven in menschenunwürdigen Verhältnissen in Rumänien gelebt hatte, beleuchtet. Eine äußere Verwahrlosung habe zu einer Inneren geführt. „Menschen, die Herz gezeigt haben, hat er bestohlen und betrogen“. Außer Geldverdienen habe ihn nichts interessiert – Menschlichkeit habe er nicht entwickeln können.
„Mit 19 Jahren erfuhr er, dass man durch Betteln in Österreich und Deutschland mehr Geld als durch Tagelöhner-Arbeit bekommen kann“, so Bork. „Für ehrliche Arbeit fehlte ihm jede Voraussetzung.
Diebstahl war nicht nur Notlösung, sondern Lebensplan“.
D. habe auch keinen Versuch gemacht, „dem Ganzen zu entkommen“ – habe keine Hilfe von Sozialarbeitern annehmen wollen.
Auch die Vorgeschichte der Tat war interessant. Es gab einen Druck, an Geld kommen zu müssen. Besuch der späteren Täter am gleichen Abend bei einem Herrn Klitschko in Worms, bei dem man einen Fernseher mitgehen ließ, Geld hatte der Besuchte jedenfalls keines.
L., der nachweislich das Mordopfer mit Füßen getreten hatte, wurde von Richter Bork als „Agilster und Intelligentester der drei Täter“ beschrieben. Nachdem dieser Besuch zu nichts geführt hatte, musste anderweitig Geld beschafft werden.
Nach einem Telefonat L.s mit seiner Frau, kam das Trio auf die Idee nach Mörlheim zu fahren. L.s Frau war einige Zeit vorher unter einem Vorwand beim späteren Mordopfer und hatte dort die Wohnung ausgekundschaftet.
Man erhoffte sich, dort eine ältere Frau vorzufinden und mit ihr ein leichtes Spiel zu haben. Alkohol sei nicht mit im Spiel gewesen, so Richter Bork. Die Angeklagten hatten behauptet „tierisch“ viel Alkohol an diesem Abend getrunken zu haben.
Auch das hervorragende Erinnerungsvermögen und die detailreichen Schilderungen der Täter sprachen gegen eine solche Version.
Man hatte sich auf den Weg ohne genauen Plan und ohne Einbruchswerkzeug gemacht.
Die Version von D., er habe die ganze Zeit Schmiere gestanden, konnte so auch nicht stimmen. L. habe seinen achtjährigen Sohn vorgeschickt. Er hat wohl bei der alten Dame geklingelt und um Hilfe gebeten, während sich die drei Männer unter dem Fenster versteckt haben mussten.
Die Mörlheimerin muss sich kurz abgewendet haben um aufzuschließen und wurde dann von den drei Männern, die durchs Fenster gesprungen waren, überwältigt. Da die Überfallene kräftig und trainiert war, hatte sie sich wohl heftig gewehrt. Faustschläge ins Gesicht folgten, sie fiel mit dem Kopf auf die Türklinke.
Hatte sie D. in den Schwitzkasten genommen? Hat er sie getreten? Tritte im Gesicht der Frau konnten L. zugeordnet werden – er trug Schuhe mit einem auffälligen Profil.
Was sich dann genau im Haus abspielte ist ein Versuch der Rekonstruktion eines äußerst brutalen Vorgehens der drei Männer, die das Blut der Frau in alle Stockwerke getragen haben.
D. hätte sehen müssen, dass Hilfe geboten war, dass die Frau sterben könnte, denn sie atmete kaum noch. Wann und wer den für sie letzlich tödlich gesetzten Tritt ausgeführt hat, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.
D. habe die „brenzlige Situation“ erkannt und nicht gehandelt. Er habe deren Tod billigend in Kauf genommen. Offenbar haben alle am Tod der Frau mitgewirkt und so den „klassischen Raubmord“ ins Werk gesetzt.
Der Angeklagte kann nun binnen einer Woche Revision gegen das Urteil einlegen. (desa)
Diesen Artikel drucken