Dienstag, 05. November 2024

Unmut über Bundesverfassungsgericht wächst

19. April 2015 | Kategorie: Nachrichten, Politik

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
Foto: pfalz-express.de/Licht

Berlin – In den Unionsparteien wächst der Unmut über das Bundesverfassungsgericht: Führende Vertreter von CDU und CSU kritisieren eine Reihe der jüngsten Entscheidungen des Karlsruher Gerichts.

Sie beklagen eine Überdehnung von Kompetenzen und mangelnde Rücksichtnahme der Richter auf die gesellschaftspolitischen Folgen ihrer Urteile. „Das Bundesverfassungsgericht legt seinen Auftrag aus meiner Sicht in den letzten Jahren besonders weitreichend aus“, sagte Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, der „Welt am Sonntag“.

Das Gericht versuche, „relativ stark“ in die politische Entscheidungsfreiheit einzugreifen. „Zugleich setzt das Verfassungsgericht fast unlösbare Aufgaben für den Gesetzgeber. Das sehe ich kritisch“, sagte Hasselfeldt.

Konkret bemängelte sie das Urteil zum Kopftuchverbot für Lehrerinnen, mit dem das Gericht für Konflikte in den Schulen sorge. In der Entscheidung zur Erbschaftsteuer hätten die Richter der Politik mit der sogenannten „Bedürfnisprüfung“ die Einführung eines Instruments vorgeschrieben, den das Steuerrecht eigentlich nicht kenne.

„Nun gezwungenermaßen ein artfremdes Instrument in das Erbschaftssteuerrecht einzuführen, macht eine ordnungspolitisch saubere Lösung schwierig“, sagte Hasselfeldt. Derart konkrete Vorgaben seien nicht Aufgabe des Gerichts: „Karlsruhe ist nicht der bessere Gesetzgeber.“

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), griff das Gericht wegen der Abschaffung der Drei-Prozent-Hürde bei Europawahlen scharf an. „Mit dem Urteil schwächt Deutschland sich selbst. Einerseits klagt das Verfassungsgericht über zu wenig Demokratie in der EU, und dann hindert es das Parlament, vernünftige demokratische Kontrolle auszuüben“, sagte Brok der Zeitung.

In dem Urteil komme „die Verachtung einiger Richter für Politik zum Ausdruck. Ich würde die Damen und Herren gern einmal zu einem vierwöchigen Praktikum ins EU-Parlament einladen, dam it sie dessen Funktionsweise verstehen.“

Norbert Lammert (CDU), Präsident des Deutschen Bundestags, hält den „deutlich erkennbaren Gestaltungsanspruch“ der Karlsruher Richter in „hoch politischen Fragen“ wie der Ausgestaltung des Wahlrechts für problematisch. Lammert zielt vor allem auf die Karlsruher Entscheidung, die Fünf-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen aufzuheben und die damit einhergehende Zersplitterung der Gemeindeparlamente.

Das Urteil habe „ruinöse Folgen“ für die Entscheidungsfindung auf kommunaler Ebene und erschwere die Rekrutierung von geeigneten Mandatsträgern. „Die Verdoppelung der Beratungszeit bei gleichzeitiger Reduzierung der Erfolgsaussichten ist tödlich für die Bereitschaft zum ehrenamtlichen politischen Engagement.“

Lammert plädierte für eine Grundgesetzänderung, um den Einfluss der Richter einzudämmen. „Wir haben hier eine der wenigen wirklichen Lücken in der Verfassung“, sagte der Bundestagspräsident: „Das Grundgesetz schweigt zu den Grundsätzen des Wahlsystems, zur Frage nach Mehrheits- oder V erhältniswahlrecht, nach Sperrklauseln oder dem Ausgleich von Überhangmandaten.“

Diese Lücke verleite das Gericht dazu, in den Spielraum des Gesetzgebers einzugreifen. (dts Nachrichtenagentur)

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Ein Kommentar auf "Unmut über Bundesverfassungsgericht wächst"

  1. Friedel sagt:

    Es ist schon ein Skandal, dass das Verfassungsgericht immer wieder versucht, die Bundesregierung dazu zu bewegen, dass die sich ans Grundgesetz halten müssen. Die CDU wurde schließlich von 24% der Bürger dieses Landes zur Regierung gewählt, obwohl sie sich schon vorher wenig um Recht und Gesetz gekümmert haben. Eine führende CDU-Ministein hat ja auch erklärt, dass das so sein muss! Da die CDU nicht die nötige Mehrheit hat, um das Grundgesetz nach ihren Bedürfnissen zu ändern, verstößt die Politik dieser Regierung eben oft gegen das Grundgesetz. Sonst müsste sich die Regierung ja nach den Gesetzen richten. Das verträgt sich aber nicht damit, dass sie ja (von 24% der Bürger) zum GesetzGEBER gewählt wurde.