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Thema Schülerbeförderung – ein Fass ohne Boden?

27. Januar 2013 | Kategorie: Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Landau, Regional

Drangvolle Enge, keine Sicherungen, gestapelt bis an die Türen – so sieht der Alltag bei der Schülerbeförderung aus. Foto: adac

GER/SÜW/Landau – War der Schulbusverkehr vom Kreis Germersheim nach Landau in jüngster Zeit das Epizentrum katastrophaler Organisation und Fehlentscheidungen, ebbten die Ausläufer auch bis an die Grenzen der Südpfalz nicht ab.

Berichte über nicht planmäßig fahrende, völlig überfüllte Busse gibt es auch aus der Südlichen Weinstraße. So sollen seit Dezember vermehrt und immer wieder Grundschüler in den Ortschaften oder an der Schule stehengelassen worden sein – an einem Tag sogar über 30 Grundschüler in Oberhausen, Böllenborn und dem Deutschhof, in den letzten zwei Wochen wiederholt in Birkenhördt. Ein weiterer Vorfall und eigentlich ein Fall für die Polizei: Im Sommer hatte sich ein völlig Fremder über mindestens zwei Wochen als Busbegleiter ausgegeben, die Kinder kontrolliert und gemaßregelt. Eltern erzählen, dass fahrplanmäßige Bushaltestellen nicht angefahren und die Kinder an Stellen fern ab der Schulen abgesetzt werden, die keine offiziellen Haltestellen sind.

„Jetzt reicht´s“

Unter dem Motto „Jetzt reicht´s“ hatte daraufhin der Schulelternbeirat der Böhämmer Grundschule in Bad Bergzabern zu einer öffentlichen Versammlung gerufen.“Man ist natürlich sehr bemüht. Fehler wurden viele eingeräumt, allerdings wurden diese eher als Startschwierigkeiten dargestellt und in ihrer Summe herunter gespielt“, sagte Schulelternsprecherin Bibiane Hobert zu den Ergebnissen der Elternversammlung, an der auch Verbandsgemeindebürgermeister Hermann Bohrer, Vertreter des Kreises und des ÖPNV-Ausschusses teilnahmen. „Die konkrete Frage, ob es noch irgendwelche Verbesserungsmaßnahmen gäbe, um die Fehlbeförderungen zu verhindern, wurde verneint. Es gab seitens der Kreisverwaltung keine Lösungsvorschläge, keine Ideen, weil es ja „kein Sicherheits-Problem“ gibt“, so Hobert weiter. „Den Eltern sprach man das Recht ab, ein Problem mit der Sicherheit zu sehen. Handlungsbedarf wurde abgetan mit „wir tun doch alles, es ist gut so“. Die Mitglieder des ÖPNV-Ausschussesseien zwar sehr betroffen gewesen, aber nach Einschätzung Hoberts „auch nicht übermotiviert“. Bürgermeister Bohrer sagte eine weitere Prüfung der Vorgänge und Gespräche zu. Den Eltern ist das nicht genug: „Das war zur Sicherheit unserer Kinder getan wird, reicht nicht aus“, war die vorherrschende Meinung auf der Elternversammlung.

Auch in Richtung Edenkoben gibt es Mängel bei der Schülerbeförderung – die Busse sind regelmäßig überfüllt , den Sicherheitsvorschriften wird man damit nicht gerecht. Viele Schüler müssen  mit dem Auto zum Unterricht gefahren werden.  Ein generelles Problem bei Schulbusfahrten, und ein schwerwiegendes dazu. Was im PKW zu einer dicken Geldbuße und einem Anstieg des Flensburger Punktekontos führt – nicht angeschnallt zu sein, zu viele Personen im Fahrzeug – , wird im Schulbusverkehr achselzuckend hingenommen.

 

Im Kreis Germesheim und in Landau hatten Planlosigkeit und Unvermögen der Ende letzten Jahres neu unter Vertrag genommenen Firma Viabus eine Welle der Empörung ausgelöst. Das rief Politiker sämtlicher Parteien auf den Plan, die sich allesamt für eine Verbesserung der Situation einsetzen.

Schreiben des VRN

Nun legte in einem Antwortschreiben an den CDU-Kreisvorsitzenden Dr. Thomas Gebhart der Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN) dar, welche Konsequenzen aus den Problemen im Zusammenhang mit der von der Firma Viabus befahrenen Buslinien im Kreis gezogen wurden.

In dem Schreiben heißt es, dass der VRN aktuell den Betriebsablauf – auch vor Ort – überwache und alle Verstöße gegen den Konzessionsvertrag erfasse. „Alle Fahrtausfälle, Verspätungen und sonstigen sanktionsbewährten Qualitätsverstöße werden vom VRN dokumentiert und der Firma in Rechnung gestellt.“

Gleichzeitig hatte sich der VRN vorbehalten, auf Grund der vielen Fahrausfälle in den ersten Betriebstagen von einer nicht vollständigen Betriebsaufnahme zum Vertragsbeginn auszugehen und die entsprechende Vertragsstrafe für eine nicht erfolgte Betriebsaufnahme festzusetzen.

„Mangelnde Qualifikation des Personals“

Der VRN schreibt weiter, dass die Probleme insbesondere auf die mangelnde Qualifikation des Personals zurückzuführen gewesen seien. Polnische und spanische Fahrer wurden eingesetzt, die nicht über entsprechende Sprach- und Ortskenntnisse verfügten, obwohl dies vom VRN verlangt wurde. Die mangelnde Qualifikation der Busfahrer allerdings lässt sich nicht mit unzureichender Entlohnung erklären, denn die polnischen Busfahrer hatten einen Angestelltenvertrag direkt über Viabus erhalten und sind damit von der Tariftreueerklärung, die laut Tariftreuegesetz im Rahmen der Ausschreibung gefordert war, erfasst.

Der VRN hat nach eigenen Angaben in der Folge auf die Misere reagiert und vom Betreiber nach einem Krisengespräch im Dezember 2012 zwischen der Firma Viabus, dem VRN sowie den Aufgabenträgern (Landkreis Germersheim, Landkreis Südliche Weinstraße, Stadt Landau) einen Plan zur Behebung der Probleme bzw. den Ersatz der unzureichend qualifizierten polnischen Fahrer gefordert. Die spanischen Fahrer waren bereits von Viabus vor dem Krisengespräch gekündigt worden. Zudem hat der VRN mit der fristlosen Kündigung des Konzessionsvertrags gedroht.

Besser, aber nicht gut

Wie jedoch sieht die Situation aktuell aus? Es ist besser geworden, ja, sagen Eltern und Schüler – aber noch weit entfernt von „gut“. Noch immer scheint die Koordination von Viabus, VRN und Kreis nicht stimmig zu sein. Eltern berichten nach wie vor von Verspätungen, von teilweise derart überfüllten Bussen, dass Schüler nicht mehr einsteigen können, falschen Stopps, ja sogar ein unbeabsichtigter „Halt“ inmitten eines Vorgartens wurde berichtet.

Auszug einer Zuschrift stellvertretend für viele: (…) Unsere Kinder fahren jeden Tag mit dem Bus von Herxheim nach Landau. In den Weihnachtsferien wurde anscheinend ordentlich gearbeitet, denn mittlerweile läuft der Busverkehr relativ normal, die Busfahrer sprechen deutsch und verfahren sich kaum noch. Dennoch gibt es noch einige Kritikpunkte: zum Einen sind unsere Kinder wesentlich länger unterwegs. Der Bus morgens fährt 5 Minuten früher los und ist 5 Minuten später dort. Der Bus nach der Schule fährt eine Riesenschleife in Offenbach und kommt immer zu spät in Herxheim an. (…) Das allergrößte Problem aber ist nach wie vor, dass die Busse völlig überfüllt sind. Meine Kinder nehmen schon den 2. Bus vom Messplatz (13.06 Uhr), da sie in den ersten Bus gar nicht reinkommen. (…)

Fragen bleiben offen

Viele Fragen von Eltern und Schülern bleiben nach wie vor unbeantwortet: Was ist mit der Sicherheit? Weshalb werden nicht mehr Schulbusse eingesetzt – wird an den Kindern gespart? Wie konnte es überhaupt zu derartigen Umständen kommen? Konnten bei der Ausschreibung keine regionalen Unternehmen mit gutem Leumund den Zuschlag bekommen? Und letztendlich: Welche direkten, mittel- oder langfristigen Konsequenzen hat das Debakel?

Sicher scheint, das Thema Schülerbeförderung ist in ein neues Licht gerückt worden – in das der Öffentlichkeit. Und die will sich nicht mehr mit Versprechen abseisen lassen, sondern Taten sehen.

Nachtrag:

Mittlerweile erreichte uns eine eine Stellungnahme des Landkreises Südliche Weinstraße:

„Wir wollen einen zuverlässigen sicheren Schülerverkehr.  Den Vorwürfen wird genau nachgegangen. Wo notwendig, werden Nachbesserungen eingeleitet.

Der Landkreis SÜW war – wie alle kommunalen Nachbarn auch – aufgrund einer EU-Richtlinie gezwungen, die Busleistungen im Schülerverkehr und im öffentlichen Nahverkehr europaweit auszuschreiben und an  günstig-mögliche Bieter zu vergeben. Das hatte zur Folge, daß erstmals im gesamten Landkreis    a l l e    Busverbindungen neu gestaltet werden mußten. Die Landkreise SÜW, GER, SWP sowie die Stadt Landau, haben dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN)  den Auftrag erteilt, dieses große Ausschreibungs- und Vergabeverfahren für sie abzuwickeln. Ausdrückliche Vorgabe für alle neuen Maßnahmen war und ist selbstverständlich, daß wir uns explizit an die gesetzlichen und rechtlichen Vorgaben halten. Das ist oberste Maxime.

Bereits zum Fahrplanwechsel im Sommer gab es erhebliche Probleme im Schülerverkehr, u.a. weil Buskapazitäten zu knapp kalkuliert waren, weil neue Busunternehmen die Linien bedienen und deren Fahrer am Anfang nicht streckenkundig waren oder weil im Vorfeld nicht ausreichend über alle umwälzenden Neuerungen informiert worden war.  In vielen Gespächen hat der VRN zusammen mit den Schulen und dem Landkreis Verbesserungen – zusätzliche Busse, neue Haltestellen, Optimierung der Linien etc. – eingeführt.

Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember gab es erneut eine schwierige Situation. Die Busse im Linienbündel Germersheim (von Kandel über die B 427 nach Bad Bergzabern und weiter Richtung Westen) sowie die Busse im Linienbündel Südwestpfalz (von Dahn über die B 427 nach Bad Bergzabern) sind neu organisiert worden.  Leider gibt es auch hier wieder Probleme. Zusammen mit dem VRN bemühen wir intensiv darum, diese zu lösen. Wir wollen einen zuverlässigen, sicheren Schülerverkehr. Dennoch bitten wir auch um Verständnis: eine so große Umstrukturierung wie jetzt ( seit den Fahrplanwechseln im Juni und im Dezember) hat es bisher noch nie gegeben. Es ist nicht auszuschließen, daß es noch einige Zeit dauern kann, bis alle Probleme bewältigt sein werden. Wir versichern, daß der VRN, die Busunternehmen, das ÖPNV-Referat der Kreisverwaltung im Dialog mit Schulen und Eltern mit Hochdruck daran arbeiten.

Erschwert werden die Bedingungen im Moment auch durch die winterlichen Straßenverhältnisse. Schnee und eisglatte Fahrbahnen fordern ihren Tribut. Busse sind für solche Gefährdungen noch anfälliger als PKW und die Verkehrsunternehmen wie die Busfahrer haben hier eine große Verantwortung, die ihnen niemand abnehmen kann. Also ist es fair, mit diesem Hinweis auch um ein gewisses Verständnis zu werben.

Schlimme Ereignisse wie der Verkehrsunfall auf der B 427, als wegen eines brennenden LKW diese Straße bei Birkenhördt viele Stunden lang gesperrt werden mußte, haben auch Folgen für den Öffentlichen Nahverkehr und den Schülertransport. Die Schulbusse konnten – trotz großer Umwege – einige Orte nicht anfahren. Auch in diesen Ausnahmefällen muß ein Notfallsystem funktionieren. Das ÖPNV-Referat hatte unmittelbar an diesem Tag mit dem Busunternehmen Kontakt aufgenommen, um das sicherzustellen und auch hier Verbesserungen einzuleiten.“

Landrätin Theresia Riedmaier: „Leider konnte ich krankheitsbedingt an der Elternversammlung in Bad Bergzabern nicht teilnehmen. Ich bedaure, daß es im Vorfeld der Versammlung nicht zum beabsichtigten Gespräch gekommen ist.
Zusammen mit dem VRN, den Busunternehmen und den zuständigen Mitarbeitern werden wir die aktuellen Vorwürfe und Probleme aufnehmen und abarbeiten. Wir sagen zu: Dort, wo Kapazitätsengpässe über der Grenze vorgegebener  Richtlinien, die wir zu beachten haben, bestehen, werden wir nachbessern. “ (cli)

 

 

 

 

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