Schwanheim (Südwestpfalz). Unter dem Motto „Klimaschutzleistungen des Waldes – natürlich auch im Kleinprivatwald“ trafen sich am Mittwochabend (15. September 2021) Ministerin Anne Spiegel mit Bürgermeister Patrick Weißler, Ortsbürgermeistern, interessierten Waldbesitzern, Fachleuten der zuständigen Forstbehörden sowie Vertretern des Landesbetriebs Forsten.
In diesem Rahmen sollte der „Antrittsbesuch“ der Ministerin in der Verbandsgemeinde Hauenstein mit praktischer Arbeit verbunden sein. Man traf sich im Waldgebiet von Schwanheim, Gewann Geiersnest, wo seit Herbst 2020 exemplarisch die „Etablierung und Entwicklung eines klimastabilen Laubmischwaldes“ angestrebt wird.
Die Freiwillige Feuerwehr hatte mit Zeltüberdachung und Sitzbänken sowie der notwendigen Technik für die Voraussetzungen und geeignetes Ambiente gesorgt.
Eine Schonung sei nicht vorgesehen, kündigte Patrick Weißler, Bürgermeister der gastgebenden Verbandsgemeinde Hauenstein, an die Ministerin gewandt in seiner Begrüßung an. Man habe einen Rucksack mit Anliegen und Wünschen aus der Gemeinde, von Privatwaldbesitzern und der Bevölkerung bepackt, den man ihr mitgeben möchte. Dieser werde im Verlauf der Gespräche sicherlich weiter gefüllt.
Sie freue sich hier sein zu können, versicherte die Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität zur Begrüßung ihrerseits. Zum Wandern sei sie schon in dieser Verbandsgemeinde gewesen, offiziell sei es ihr Antrittsbesuch.
Klimaschäden machten auch vor Privatwald nicht Halt, betonte sie. Angesichts von Stress und Schädigungen sei es wichtig, den Wald zu unterstützen. Dieser sei ein wichtiger Verbündeter beim Klimawandel. Sie regte auch an, mehr auf Holz als Baustoff setzen. Es sei ein nachwachsender, heimischer und klimafreundlicher Rohstoff.
„Mein Ziel ist, Sie bei Ihren Anstrengungen zu unterstützen, denn Sie sind mit dem Wald verbunden“, versicherte Anne Spiegel den Waldbesitzern. Das Forstamt berate kostenlos und helfe. Die Förderung sei aufgestockt worden, auch wegen der aktuellen Schäden.
Kleinwald sei auch von Vorteil, weil er strukturiere. Zudem sei dieser auch von Bedeutung als Teil des Familienerbes. Im Juni 2019 habe die „Walderklärung“ des Landes einen Handlungsrahmen geschaffen. „Wir setzen uns auch auf Bundesebene für eine Prämie für Waldbesitzer ein“, versicherte Anne Spiegel und merkte an, die Wald-Flurbereinigung sei wichtig um die Rahmenbedingungen zu verbessern.
Sie danke allen, die sich Tag für Tag für den Wald engagieren. Es gelte Potentiale für den Klimaschutz zu nutzen, damit künftige Generationen auch zukünftig Wald vor der Haustüre hätten.
Auch Dr. Ulrich Matthes, Leiter des Kompetenzzentrums für Klimawandelfolgen (Trippstadt), betonte, es sei notwendig die Erderwärmung zu begrenzen. Diese führe zur Verschiebung der Vegetationszeit. Der Winter sei in dieser Region zwölf Tage kürzer geworden. „Was ist schlecht daran? Vor allem die Spätfröste!“ Die werde es weiterhin geben und die führten zu Schäden an der dann zu weit fortgeschrittenen Vegetation.
Die längere Wachstumsperiode sorge auch für mehr Verdunstung. Dem stünden Niederschlagsdefizite gegenüber. Während das laufende Jahr einen Überschuss erbringe, seien die vorangegangenen drei defizitär gewesen. Die meisten Gegenspieler des Waldes profitierten vom Klimawandel, beispielsweise der Borkenkäfer. Es gelte die Widerstandskraft des Waldes zu erhöhen. Das könne erfolgen durch Risikostreuung mittels einer größeren Vielzahl von Arten. „Wir wollen auch auf Naturverjüngung setzen“, erklärte der Forstwissenschaftler.
Der Wald schütze seinerseits das Klima, auch durch Ausgleich, wie man an bei Waldbesuchen an heißen Tagen leicht feststellen könne.
Michael Grünfelder, Leiter des zuständigen Forstamtes Hinterweidenthal, dankte der Ministerin „dass Sie sich auf dieses Thema eingelassen haben“. Kleinstrukturierter Privatwald sei ein Schatz. „Die Menschen, die diesen Schatz tragen sind mit Herzblut ausgestattet“, betonte er. Kleine Parzellen seien durch vielfache Realteilung entstanden. Diese hätte andererseits letztlich auch zu Flächen geführt, um die sich niemand mehr kümmert. Er schlug vor entgegenzusteuern, beispielsweise durch Gründung von Genossenschaften. Die Wald-Flurbereinigung, die er befürworte, dauere regelmäßig zu lange, bemängelte er, oft 20 Jahre.
Im Zug der anschließenden offenen Diskussion mit der Ministerin und den übrigen Referenten wurde unter anderem angeregt für den Beitritt zu „Waldbauvereinen“ zu werben. „Reingehen kostet nichts.“ Das Land befürworte und fördere diese Zusammenschlüsse, wurde von Ministeriumsseite bestätigt.
Manfred Seibel, Lokalpolitiker und Initiator des Treffens, verwies auf die Problematik, dass bei beabsichtigter Besitzübertragung oftmals die Kosten für Grundbuch und Notar den erzielbaren Preis des Grundstücks vielfach überstiegen. Da dies von der Regierung beeinflussbar sei, gehöre es mit in den Rucksack für die Ministerin. Sie werde sich gerne des Inhaltes annehmen, versicherte Anne Spiegel zum Abschied.
Projekt klimastabiler Laubmischwald Geiersnest
Mit dem „Wiederbewaldungsprojekt Geiersnest“ soll auf Gemarkung Schwanheim musterhaft ein neuer, klimastabiler Mischwald heranwachsen. Auf der zuvor durch Wetterextreme vorangegangener Jahre geschädigten Fläche von circa zwei Hektar wurden unterschiedlichste Baumarten ausgepflanzt, darunter Traubeneiche und Baumhasel sowie Wildobstgehölze.
Über Waldbesitzgrenzen hinweg entstand mit Unterstützung der Eigentümerinnen und Eigentümer, dem Forstamt Hinterweidenthal, der Firma Lugina Schuhfabrik (Schwanheim), der Ortsgemeinde Schwanheim und des dortigen Kindergartens ein Biotop „für den Wald von morgen“ (Zitat Landesforsten).
Das Wiederbewaldungsprojekt findet sich oberhalb der Kreisstraße 54 Lug – Schwanheim. (Richtung Schwanheim rechts, Gehzeit ungefähr 20 Minuten. Parkmöglichkeit (begrenzt) am Abzweigung des zum Biotop führenden Wirtschaftsweges, circa 1 Kilometer nach der Kreuzung der K 54 mit der von Hauenstein kommenden Landesstraße 495. Koordinaten: Nord 49° 10‘ 23“ / Ost 7° 52‘ 45“.)
Stichwort Realteilung
„Realteilung“ ist eine alte Form der Erbfolge. „Realitäten“ (Grundbesitz) wurden unter den Erbberechtigten gleich aufgeteilt. Dadurch kam es bei jedem Erbgang zu weiterer Zerstückelung. Die Wirtschaftsflächen einer Familie liegen in der Folge oft räumlich weit auseinander und können extrem klein sein.
Beim gegensätzlichen „Anerbenrecht“ erhielt ausschließlich ein Nachkomme den gesamten wirtschaftlich nutzbaren Grundbesitz. (Dies war nicht immer der älteste Sohn, wie vielfach angenommen wird.) (Werner G. Stähle)
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