Berlin – Nach seinem gescheiterten Versuch, den Zugang zu Psychotherapien neu zu regeln, hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die medizinische Selbstverwaltung mit der Reform beauftragt.
Der Gemeinsame Bundesausschuss solle Vorschläge ausarbeiten, um „die Behandlung besser zu strukturieren und zu koordinieren“, sagte Spahn der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Selbstverwaltung der Ärzte, Krankenkassen und Kliniken sei jetzt am Zuge, fügte er hinzu.
Der Auftrag wurde in den Gesetzentwurf zur Reform der Psychotherapeutenausbildung aufgenommen, der am Mittwoch im Kabinett behandelt wurde. „Der Gesetzgebungsprozess startet“, sagte Spahn. „Psychisch kranke Menschen dürfen nicht durchs System irren, bevor sie Hilfe bekommen“, begründete er seinen neuen Anlauf und gab das Ziel vor: „Ihre ersten Anlaufstellen, ob Hausarzt, Psychotherapeut, Suchtberatungsstelle oder Familiendienst, müssen besser zusammen arbeiten.“
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach begrüßte, dass Spahn seinen eigenen Gesetzentwurf, der angeblich neue Hürden für Psychotherapien vorsah, zurückgezogen hat: „Es ist gut, dass der Vorschlag des Gesundheitsministers jetzt vom Tisch ist“, sagte Lauterbach.
Allerdings werde er nicht akzeptieren, dass Ärzte, Kassen und Kliniken die Reform übernehmen sollen. „Die Versorgung schwer psychisch Kranker zu verbessern ist eine politische Aufgabe. Die dürfen wir nicht an die Selbstverwaltung abschieben, weil wir uns nicht einigen können“, sagte Lauterbach. Das Problem habe sich über Jahrzehnte aufgebaut und dürfe nicht mehr auf die lange Bank geschoben werden.
Auch die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) zeigte sich erleichtert über das Aus für Spahns eigenen Gesetzentwurf. „Wer eine psychotherapeutische Behandlung braucht, wartet in Deutschland in ländlichen Regionen fünf bis sechs Monate. Dieses Problem lässt sich nicht durch zusätzliche Hürden beim Zugang zur psychotherapeutischen Behandlung lösen“, sagte BPtK-Präsident Dietrich Munz. „Wir sind sehr froh, dass Herr Spahn diesen Ansatz fallen lässt.“
Die BPtK forderte deutliche Verbesserungen für Menschen mit schweren psychischen Leiden. „Für Patienten, die nicht nur Psychotherapie und Pharmakotherapie brauchen, sondern darüber hinaus soziotherapeutische Unterstützung, psychiatrische Krankenpflege, Ergotherapie und die Angebote der Gemeindepsychiatrie, gibt es im ambulanten Bereich keine koordinierten Behandlungsangebote“, kritisierte Munz.
Bisher fehlten dafür alle Voraussetzungen – von der Beschreibung der dafür notwendigen Leistungen bis zu deren Vergütung. „Wenn Herr Spahn dieses Problem aufgreift, wäre das gut.“ (dts Nachrichtenagentur)
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