Berlin – SPD-Chef Martin Schulz hat eine grundlegende Reform seiner Partei angekündigt: „Es geht jetzt darum, das schlechteste SPD-Ergebnis der Nachkriegszeit aufzuarbeiten.
Wir dürfen nicht so tun, als sei das einfach nur ein Betriebsunfall gewesen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
„Meine Aufgabe als Vorsitzender ist es, die Partei zu reformieren, sie programmatisch und organisatorisch neu aufzustellen.“ Die Frage, ob er ein weiteres Mal als Kanzlerkandidat antreten werde, stelle sich „zum jetzigen Zeitpunkt nicht“, sagte Schulz.
„Wenn wir überhaupt in absehbarer Zeit wieder daran denken wollen, das Kanzleramt zu erobern, müssen wir die Partei umfassend reformieren.“ Parteichef wolle er bleiben, bekräftigte Schulz und fügte hinzu: „Vorausgesetzt, ich bekomme eine Mehrheit auf dem Parteitag.“
Die Aufgabenteilung zwischen ihm als Parteichef und Andrea Nahles als Fraktionsvorsitzender nannte Schulz „sehr klug“. Sie sei „im gegenseitigen Einvernehmen so organisiert worden“.
Er habe mit Andrea Nahles „ein sehr vertrauensvolles, enges Verhältnis“. Für den SPD-Parteitag, der Anfang Dezember in Berlin stattfindet, kündigte Schulz „eine Aufarbeitung der letzten anderthalb Jahrzehnte“ an. Er wolle „einen Vorschlag machen, wie wir uns programmatisch aufstellen für eine neue, digitalisierte Welt der Arbeit – verbunden mit den Fragen von Verteilungsgerechtigkeit und Partizipation“. Es reiche nicht, über die Vergangenheit zu diskutieren, mahnte Schulz.
Fehlentwicklungen der Reformpolitik des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder (SPD) seien korrigiert. „Wir müssen uns der Sicherheitsfrage zuwenden: innere Sicherheit, äußere Sicherheit, soziale Sicherheit“, forderte er. „Es geht um Sicherheit am Arbeitsplatz, im Gesundheitssystem, bei der Bildung, der Pflege, um Sicherheit im Alter.“ Viele Menschen hätten „das Vertrauen verloren, dass die SPD die Partei der Menschen ist, die auf den Schutz des Staates angewiesen sind“.
Die SPD müsse ihre sozialpolitische Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. „Wir haben uns entfremdet von den Leuten, die uns am meisten brauchen, weil sie sich im Staat nicht selbst behaupten können.“ Zugleich kündigte Schulz an, mit den Gewerkschaften über neue Formen der Beschäftigung zu diskutieren.
„Wir brauchen zwingend tarifgebundene Arbeitsverhältnisse. Aber es sind Bereiche entstanden, die nicht mehr in die klassische Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Struktur hineinpassen“, sagte er. „So wichtig das so genannte Normalarbeitsverhältnis ist – die SPD muss auch zur Partei der Selbständigen werden.“
Außerdem will Schulz seine Partei unter allen Umständen in der Opposition halten: „Wir werden nicht in eine große Koalition eintreten. Wir haben die Entscheidung, in die Opposition zu gehen, im vollen Bewusstsein der Konsequenzen getroffen“, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
„Wenn die schwarze Ampel scheitert, wird es Neuwahlen geben müssen. Die Verantwortung dafür müssten dann Frau Merkel, Herr Seehofer, Herr Lindner und Herr Özdemir tragen.“ Ein Bündnis von CDU, CSU, FDP und Grünen werde „schmerzhaft für die Republik“, sagte Schulz.
„Der kleinste gemeinsame Nenner ist bei denen das oberste Prinzip.“ In den Sondierungen gebe es Streit selbst „über Minimalpapierchen“, und öffentlich werde über die Einführung eines zweiten Vizekanzlers diskutiert. „Da geht es jetzt schon weniger um Inhalte, als um Posten.“ (dts nachrichtenagentur)
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