Berlin- Gegen den Vorschlag, sogenannte Impf-Schwänzer mit Geldbußen zu belegen, regt sich Widerstand.
Man könne es sich nicht leisten, „Impfstoffe verfallen zu lassen, weil bereits ausgemachte Termine einfach nicht eingehalten, nicht abgesagt oder ohne triftigen Grund abgesagt werden“, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus der „Welt“.
„Ich appelliere hier stark an unser aller Solidarität. Das ist eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe mit einem guten Schuss individueller Verantwortung. Sollten wir aber merken, dass diese Solidarität in Teilen der Gesellschaft nicht vorhanden ist, müssen wir uns schon überlegen, wie wir diese im Interesse aller, gegebenenfalls auch über Sanktionen, werden einfordern können“, so der Minister.
Zuvor hatten auch Politiker aus CDU und SPD vorgeschlagen, eine Geldbuße in Höhe von 25 bis 35 Euro gegen all jene zu verhängen, die ihren Termin für die Zweitimpfung in einem der Impfzentren ohne Absage verstreichen lassen.
FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki lehnt das jedoch ab. „Sicher ist es ärgerlich und unsozial, einen vereinbarten Termin platzen zu lassen. Trotzdem wäre es sinnvoller, zunächst an die Menschen zu appellieren, ihren Termin rechtzeitig abzusagen, damit andere den Impfstoff erhalten können. Ich halte es aber nicht für zielführend, jetzt durch Strafandrohungen den Druck weiter zu erhöhen. Denn mit einer solchen Maßnahme stehen die Behörden vor einem hohen Mehraufwand, ohne dass das Problem am Ende gelöst ist“, sagte Kubicki der „Welt“.
Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister Leipzigs, sagte, Impfzentren und Ärzte müssten vernünftig planen können, damit kein Impfstoff verfalle. „Wer einen Termin nicht wahrnehmen kann oder schon woanders geimpft wurde, muss rechtzeitig Bescheid geben, um anderen Menschen die Impfung zu ermöglichen. So viel Solidarität und Anstand müssen sein. Sanktionen sind für mich die zweitbeste Lösung“, so Jung.
Ähnlich sieht es der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager: „Die Landkreise lehnen Strafen für Menschen, die ihren zweiten Impftermin ohne Absage nicht wahrnehmen, ab“, sagte er. Das Verhalten sei zwar unsolidarisch, aber es wäre unangemessen, in diesen Fällen mit der „ordnungspolitischen Keule“ zu kommen.
„Anstatt über Strafen nachzudenken, sollten wir uns überlegen, was wir tun können, um die Impfbereitschaft weiterhin hoch zuhalten“, erklärte Sager. Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Janosch Dahmen, sagte, die Diskussion gehe am Ziel vorbei. „Als Arzt habe ich Patienten nie von der Richtigkeit einer Maßnahme durch Druck überzeugt. Anstatt zu strafen, müsste die Bundesregierung endlich vernünftig aufklären und den Menschen sagen, dass die Zweitimpfung nötig ist, insbesondere gegen die neue Delta-Variante“, sagte er.
„Organisatorische Probleme sollten organisatorisch und nicht mit Strafen gelöst werden. Wir sollten uns deshalb eher fragen, warum es immer noch nicht gelingt, einen Termin kurzfristig umzubuchen. Das muss in einem Land wie unserem schneller und pragmatischer möglich sein“, sagte der Grünenpolitiker und Mediziner. (dts Nachrichtenagentur)
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