Berlin – Der für Mord und Totschlag zuständige Berliner Oberstaatsanwalt beklagt eine nachlässige Strafverfolgung. Überlastung, schlechte Ausstattung und Personalknappheit hätten zu einer Situation geführt, in der Strafverfahren aus „Notwehr“ eingestellt würden, sagte Ralph Knispel dem „Spiegel“.
„Wir beenden viel zu viele Ermittlungsverfahren vorzeitig – angeblich wegen geringer Schuld“, so der Staatsanwalt. „Mit einer konsequenten Verfolgung von Straftaten hat das nichts mehr zu tun.“ Es sei vielmehr Ausdruck einer verzweifelten Justiz. „Um überhaupt irgendwie den Kopf über Wasser halten zu können, legen wir Straftaten zu den Akten. Diebstähle, Betrügereien, Körperverletzungen – all das bleibt oft ungestraft, selbst wenn wir die Beschuldigten kennen. Immer seltener erheben wir Anklage.“
Gerade in der Hauptstadt sei die Situation besonders dramatisch. „In Berlin ist es unwahrscheinlicher als anderswo, wegen einer Straftat erwischt zu werden. Und wenn man doch erwischt wird, kommt man wohl nirgendwo in Deutschland günstiger davon.“ Knispel hat ein Buch („Rechtsstaat am Ende“) zu dem Thema verfasst, das nun erscheint. (dts Nachrichtenagentur)
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