Rheinzabern – Über 200 Akteure auf und hinter der närrischen Bühne in Rheinzaberns guter Stube bereiteten den Besuchern der beiden ersten Prunksitzungen einen perfekt dosierten Unterhaltungs-Cocktail.
Am Freitag und am Samstag stiegen die ersten beiden Sitzungen der 68. Kampagne in der jeweils ausverkauften Turn- und Festhalle mit einem gut fünf-stündigen Programm. Es bot alles, was zu einem gelungenen Abend dazu gehört, Büttenreden und Zwiegespräche, klassische Garde- und spektakuläre Schautänze, Showgruppen mit tollem Gesang und Lokalkolorit. Und dazu ein Prinzenpaar, dessen Strahlen und gute Laune den Hofstaat und den ganzen Saal verzauberte.
Noch bevor die beiden Hoheiten mit ihrem Hofstaat eingezogen waren, hatte das letztjährige Prinzenpaar, Guido Pfirrmann und Sarina Wollherr, als Prologsprecher seinen Auftritt. Ganz ernsthaft überlegten die beiden, wie sie zu Beginn der Prunksitzung passende Werbung für die Rheinzammer Fasenacht machen könnten. Was wäre besser, fragten sie sich, Radiowerbung im Stil einer bekannten Müsliwerbung, oder besser Fernsehwerbung, angelehnt an die für Deutschlands beliebteste Süßigkeit? Ganz egal, die witzige Botschaft kam im Saal an und stimmte auf das folgende närrische Treiben ein.
In bester Plauderlaune stellte Hofmarschall Christian Lauer das aktuelle Prinzenpaar vor. Es sind „Seine Hoheit Prinz Philipp I., aus dem Hause Müller am Stadtgraben, Bakkalaureus technicus im Betonmischer-Bau, Betze-Fan – auch wenn`s dort mau, brettert Pisten `nab im Nu, Hofnarr er und Pälzer Bu, Hansdampf in allen Gassen zu Rhe-Na.“
Und Lisa Marz, „Ihre Lieblichkeit, Prinzessin Lisa I. – aus dem Hause M & M. Marz, Janus-Gass. Pädagogin – Hauptfach Spaß, Skihaserl auf Schnee und Eis, liebt Oldie-Tanz, wie jeder weiß, Chefin der Deko, immer nett, Dompteus´ für`s Prunksitzungsballett, hochverdiente Gardistin am närrischen Hofe zu Rhe-Na.“
In ihrer folgenden Ansprache bedankten sich die beiden bei allen, die zum Gelingen der Kampagne beitragen, seien es die zahlreichen Spender und Sponsoren, die Helferschar aus Freunden und Familien und alle Akteure der verschiedenen Veranstaltungen an den närrischen Tagen. Ein extra Lob gab es für den Hofschneider Robert Harter, der für die Hoheiten umwerfende Roben gefertigt hat. Sie haben bis in die Landeshauptstadt Mainz für Furore gesorgt, wie sich aus gut informierten Quellen am Hofe zu Rhe-Na hinter der Bühne zugeflüstert wurde.
Den Reigen der Gardetänze eröffneten freitags die jüngsten Gardistinnen, die 22 goldigen Mädchen der Minigarde. Samstags durfte die Elevengarde die Bühne zum Beben bringen. Genauso akrobatisch und gelenkig zeigten sich die Mädchen und jungen Frauen der Kadettengarde und der Prinzengarde.
Eisbrecher in der Bütt war Franz Seeber als Ökodemondrandaktiwischd. Mit guter Beobachtungsgabe und spitzer Feder griff er pointiert aktuelle Themen auf, angefangen bei Doppelmoral in Bezug auf den Klimawandel, Schüler-Demos und Plastikmüll, das Bildungs- und das Gesundheitssystem und die Lage der Bauern.
Ein weiterer Traditions-Redner, eigentlich eher Sänger, ist Siggi Grobs als Leierkastenmann. Er hatte eine stolze Anzahl von Anekdoten parat über Zeitgenossen, denen im letzten Jahr schräge Missgeschicke passiert sind. Begleitet wurde er von Max Decker am Piano.
Als Moderator führte David Hoffmann versiert durch die Sitzung und kündigte jeden Auftritt passend an. Getanzt wird auf der närrischen Bühne in Rhe-Na gerne, und so gab es gleich mehrere tolle Showtänze.
Der SV Olympia bot eine aufwändige Reise durch das Musical „Der König der Löwen“, die Spitzbuwen nahmen mit auf eine Zeitreise in die Zukunft am närrischen Hof, wenn auf der Bühne Rollatoren die Oberhand gewinnen.
Nach oben ging es beim Showtanz der Garden, die schillernd und spacig zum Mond und zurückflogen. Eine spektakuläre Lichtshow inszenierten die „Oldies but Goldies“, die so toll ankam, dass das Publikum den faszinierenden Auftritt gleich zweimal sehen wollte.
Ordentlich was auf die Lachmuskeln gab es bei der Büttenrede von Silvio Graf als Ersatz-Tanzmariechen. Zuerst erklärte der Vollblut-Fasenachter seinem Publikum, worauf es ankommt, um ein gutes Tanzmariechen zu sein, Höhepunkt seines Auftrittes war dann das praktische Umsetzen in einen fetzigen Tanzbeitrag, bei dem mancher Lachtränen vergoss.
Marianne Marz, diesjährige Prinzessinnen-Mama, ließ es sich nicht nehmen, in diesem Jahr als stolze Queen auf die Bühne zu kommen. Zusammen mit den anderen Mitgliedern der Gruppe „Schlappmadamme“ sangen sie davon, wie schwer es ist, den richtigen Prinzen zu finden.
Birgit Lauer und Eva Scherrer unterhielten sich als bodenständige Frauen im besten Alter über die neuesten Frisuren- und Rasurtrends an allen Körperstellen, wunderten sich, dass sie trotz einer Kindheit ohne Handy und Internet überhaupt überlebt haben und forderten Wellness-Urlaub mit der Freundin auf Krankenschein.
Schön schräg, skurril-frivol war die Burlesque-Nummer von Carmen Kimmel und Robert Harter, deren Körper so unter dem Einfluss von „Hefe“ standen, dass die beiden fast nicht in das überdimensionale Sektbad passten.
Und was wären die Prunksitzungen am Hofe zu Rhe-Na ohne die Auftritte der Showgruppen? Gleich drei, die Rheinzammer Buwe, die Erlenbachkrappen und die Hobbschlodel, rissen den Saal mit ihren Ideen und mit ihren Liedern mit.
Die Rheinzammer Buwe lieferten eine rasante Fernsehshow mit einem genialen Moderator (Steffen Grobs), dessen Redetempo Rekord-verdächtig war. Sie parodierten Vereine, die in diesem Jahr ein Jubiläum feiern und nahmen örtliche Prominente wohldosiert auf die Schippe.
Die Erlenbachkrabben feierten eine fetzige 90er Jahre Party mit passender Musik, hatten als special guests die Spice-Boys und die Back-Street-Girls dabei und lieferten ein Stimmungslied nach dem anderen mit Ohrwurm-Garantie.
Bereits zum 3 x 11ten Mal mit dabei sind die Hobbschloddel. Die Männer mit ihrem Präsidenten Hans-Peter Berdel können einfach toll singen und rockten die Bühne auch mit Posaunen-Klängen. In diesem Jahr schlugen sie am Ende ihres Auftrittes ruhige, emotionsgeladene Töne an, verabschiedeten sich mit dem Lied „Es ist schwer ein Clown zu sein“ von ihrem langjährigen Mitglied Gerhard Beil. Der Ortsbürgermeister war im Januar plötzlich verstorben, eine Situation, wie sie die Rheinzaberner Fasenacht noch nicht erlebt hatten.
Darüber sprach auch der Vorsitzende des Fasenachts-Ausschusses Stefan Mohr in seiner Rede zu Beginn der Sitzung. „Wir haben lange beraten, ob wir die Kampagne ausfallen lassen.“ Das Komitee habe überlegt, was im Sinne von Ortsbürgermeister Gerhard Beil gewesen wäre, der der Fasenacht einen hohen Stellenwert beigemessen hatte. Deshalb entschieden sich die Fasenachter, die närrische Zeit zu feiern, aber das Programm leicht zu verändern. So gibt es in diesem Jahr keinen Sturm auf das Rathaus. Als Dank an den aktiven Fasenachter Gerhard Beil bat Mohr das Publikum darum, sich mit einem letzten Applaus von dem Hobbschloddel-Mitglied posthum zu verabschieden, dem alle gerne nachkamen.
Nach Mitternacht ging das närrische Feuerwerk mit einer letzten farbenfrohen Rakete, dem großen Schlussbild, zu Ende. Für die dritte Prunksitzung am kommenden Samstag um 19.30 Uhr gibt es nur noch wenige Restkarten. (ia)
Diesen Artikel drucken