Berlin – Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte von der Universität Duisburg-Essen geht nicht davon aus, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von dem Besuch in den Flutgebieten politisch profitieren kann.
Korte: „Der zeitliche Abstand zwischen der Flutkatastrophe und dem Wahltag ist diesmal so groß, dass keine zentralen Wirkungen auf das Wählerverhalten messbar sein werden.“
Im August 2002 hatte der damalige Kanzler Gerhard Schröder (SPD) nach seinen Auftritten bei der Hochwasserkatastrophe in Sachsen messbar in der Wählergunst zugelegt. Korte warnt jedoch Politiker davor, solche Situationen allzu vordergründig für Wahlkampfzwecke nutzen zu wollen.
„Wähler erwarten von der Politik in einem Wohlfahrtsstaat, dass im Notfall schnell geholfen wird. Wähler lieben Kümmerer mit präsidial fürsorglicher Ader. Wenn Wähler jedoch spüren, dass das Kümmern wahltaktisch inszeniert ist, kippt die Stimmung. Entweder der Politiker findet die richtige Sprache, den richtigen Moment und das richtige Bild oder es wendet sich gegen ihn. Das ist nicht einfach, aber das ist im gelungenen Fall dann der Stoff für große Geschichten auch in postheroischen Zeiten“, sagte Korte.
Noch keine Entwarnung
Die Hochwasserlage bleibt in manchen Teilen Deutschlands noch tagelang akut. Magdeburg stellt sich auf das größte Elbehochwasser des Jahrhunderts ein, doch erst am Sonntag wird der Höchststand erwartet. Bis dahin sind keine Evakuierungen vorgesehen.
In Dresden bereitet man sich auf die Evakuierung von mehr als 600 Menschen vor, in einigen Straßenzügen wurde der Strom bereits abgestellt. Der Höhepunkt der Hochwasserwelle aus Tschechien wird erst noch erwartet.
In Halle an der Saale stieg der Pegel in der Nacht zum Mittwoch auf über acht Meter, so hoch wie nach Angaben der Stadt seit 400 Jahren nicht mehr. Die Dämme seien angeblich immer noch relativ stabil, dennoch wurden Tausende Bewohner des Stadtteils Neustadt am frühen Mittwochmorgen sicherheitshalber aufgerufen, Notquartiere zu nutzen. In vielen Schulen fiel der Unterricht aus, die Universität hat bis Freitag den Lehrbetrieb ganz eingestellt.
In Bitterfeld wurde am vollgelaufenen Seelhausener See ein Stück Deich gesprengt, was die Dämme vor den Toren Bitterfelds offenbar erfolgreich entlastete. Im Osten Thüringens und im Westen Sachsens entspannte sich die Lage unterdessen. Nur in Gera, Saalfeld und Jena sei die Lage noch leicht angespannt, hieß es.
Für den Landkreis Greiz in Ostthüringen wurde am Abend der Katastrophenalarm aufgehoben. Auch an der Vereinigten Mulde, der Weißen Elster, Elbe-Nebenflüssen und Lausitzer Neiße sanken die Pegel, in Eilenburg können am Mittwoch voraussichtlich Tausende Menschen wieder in ihre Häuser zurückkehren.
Eine Panne gab es beim Lagezentrum in Sachsen-Anhalt: Dieses sprach in der Nacht zum Mittwoch von starken Regenfällen, die im Nachbarland Sachsen erwartet werden würden. Diese Information war offensichtlich vollkommen falsch, der Deutsche Wetterdienst rechnete sogar mit schönem Wetter.
In Bayern wurde die A3 zwischen Straubing und Aicha vorm Wald wegen Hochwassers gesperrt. Die Wassermassen der Donau gefährden die Region Deggendorf und Straubing, dort drohen Dämme zu brechen. Tausende Menschen müssen ihre Häuser verlassen. Der Ausfall des Leitungswassers in Passau ist offensichtlich schneller behoben worden, als ursprünglich gedacht: Immer mehr Häuser konnten wieder Wasser aus dem Hahn trinken, nachdem zuvor vor einem tagelangen Ausfall gewarnt worden war. (red/dts Nachrichtenagentur)
Diesen Artikel drucken