Wien – Im Kampf gegen die Flüchtlingskrise hat Österreichs Außenminister Sebastian Kurz gefordert, den EU-Einsatz im Mittelmeer möglichst rasch auszuweiten.
„Die EU-Marinemission `Sophia` im Mittelmeer hat bisher im Kampf gegen Schleuser so gut wie gar nichts bewirkt, weil die Menschenschmuggler in der Regel die Schiffe bereits in den libyschen Gewässern verlassen. So wie das zuletzt gelaufen ist, kann es nicht weiter gehen“, sagte Kurz der „Welt am Sonntag“.
Er forderte von Libyens Regierung, einer Ausweitung des Einsatzgebietes auf libysche Gewässer und auf das libysche Festland zuzustimmen: „Ich würde mir wünschen, dass der libysche Regierungschef Fajes al-Sarradsch möglicht bald eine Einladung an die Europäer ausspricht, auch in libyschen Gewässern und an Land im Kampf gegen Schleuser tätig zu werden.
Nur dann ließe sich der Menschenschmuggel wirksam bekämpfen.“ Ein Mandat des UN-Sicherheitsrates ist nach Ansicht von Kurz für eine solche Ausweitung des Einsatzgebietes nicht zwingend erforderlich: „Das wäre wünschenswert. Aber ich mache mir da keine Illusionen. Notfalls wird es auch ohne UN-Mandat gehen müssen.“
Hintergrund: Seit dem Sommer 2015 ist die EU-Marinemission `Sophia` in internationalen Gewässern vor Libyen im Kampf gegen Schleuser tätig: Sie soll Menschenschmuggler festnehmen und ihre Boote zerstören.
Für die Ausweitung des Einsatzgebietes auf libysche Gewässer und das Festland ist aber eine Einladung der libyschen Regierung notwendig, die bisher nicht erfolgt ist. Mehrere EU-Länder, wie Schweden und Deutschland, halten neben der Einladung der libyschen Regierung auch ein UN-Mandat für notwendig.
Österreichs Chefdiplomat verteidigte auch das Vorgehen italienischer und libyscher Behörden gegen Nichtregierungsorganisationen (NGO) im Mittelmeer und die Ausweitung der Rettungszone auf mehr als 100 Seemeilen.
Kurz: „Ich begrüße, dass die italienische Regierung einen Verhaltenskodex beschlossen hat, an den sich Nichtregierungsorganisationen halten müssen. Es ist auch richtig, dass die libysche Regierung eine ausgedehnte Such- und Rettungszone eingerichtet hat, in der nur die libysche Küstenwache, unterstützt von italienischen Kräften, tätig ist.“
Der ÖVP-Politiker, der im Oktober Bundeskanzler seines Landes werden will, kritisierte die NGO`s scharf: „Manche NGO`s wollen vermutlich etwas Gutes tun, aber sie bewirken am Ende nichts Gutes, sondern nur Chaos.“
So gefährdeten sie oftmals die Arbeit der zuständigen Behörden. Kurz kritisierte die Einmischung des türkischen Präsidenten Erdogan in den deutschen Wahlkampf und in die inneren Angelegenheiten von EU-Ländern scharf: „Die ständige Einmischung Erdogans in innere Angelegenheiten anderer Staaten – so etwas findet ja nicht nur in Deutschland statt – lehne ich ganz klar ab.
Präsident Erdogan versucht, die türkeistämmigen Communities zu instrumentalisieren, insbesondere in Deutschland und Österreich, er polarisiert und trägt Konflikte aus der Türkei in die EU hinein.“ Falls Erdogan oder seine Minister bei den anstehenden Nationalsratswahlen in Österreich im Oktober Ähnliches vorhaben sollten, „so möchte ich schon jetzt festhalten, dass wir diese Einmischung keinesfalls akzeptieren würden“, sagte Kurz. (dts Nachrichtenagentur)
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