Germersheim – Wissenswertes zur Historie der „guten Stube“ der Stadt Germersheim ist ab sofort in kompakter Form erhältlich.
„Ich freue mich, dass es unserem Historiker Ludwig Hans mit dieser schönen Broschüre gelungen ist, die wechselvolle Geschichte des einmaligen und sehenswerten Germersheimer Bürgersaals in Kürze lesbar zusammenzufassen und seine Entstehung mit schönen Bildern, Ansichten und begleitenden Texten zu veranschaulichen“, so Bürgermeister Marcus Schaile
Das Stadthaus am Kolpingplatz ist seit mehr als 40 Jahren Sitz der Stadtverwaltung Germersheim und Anlaufstelle für die Anliegen aller Bürger. Von den zweckmäßig gehaltenen Büros des Verwaltungsgebäudes hebt sich jedoch ein Raum ab, der durch seine besondere Gestaltung und Ausstattung auffällt und über seine eigene Geschichte verfügt: der „Bürgersaal“.
Zur Festungszeit als Festsaal der damaligen „Offiziers-Speiseanstalt“ erbaut, diente der Saal nach Gründung des Auslands- und Dolmetscherinstituts („ADI“) der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz in Germersheim zunächst als „Aula“ und wurde erst mit dem Umzug der Stadtverwaltung in den frühen 1970er Jahren zur „guten Stube“ innerhalb des Verwaltungsgebäudes.
Darüber hinaus hat der Bürgersaal in den zurückliegenden vier Jahrzehnten zahlreichen Festakten, Konzerten, Vereinsjubiläen und sonstigen kulturellen Veranstaltungen einen ansprechenden, repräsentativen Rahmen geboten.
Dass die Geschichte des heutigen Verwaltungsgebäudes und die des Bürgersaals miteinander verknüpft sind und weit zurückreichen, zeigt die jetzt von der Stadtverwaltung Germersheim herausgegebene Broschüre mit dem Titel „Der Bürgersaal. Von der kurpfälzischen Landschreiberei zum heutigen Stadthaus“.
Aufgrund von Recherchen im Landesarchiv Speyer und insbesondere im „Kriegsarchiv“ München, wo heute die Akten der ehemaligen Festung Germersheim und ihrer einstigen Militärbehörden und Dienststellen liegen, ist es dem Germersheimer Stadthistoriker Ludwig Hans gelungen, die Geschichte des Gebäudes, das im 18. Jahrhundert zunächst als kurpfälzische Landschreiberei und „Amtskellerei“ errichtet worden war, bis in die Gegenwart nachzuzeichnen.
Zahlreiche historische Pläne und Ansichten belegen die wechselvolle Vergangenheit des heutigen Stadthauses, das in den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts auch als Kaserne genutzt wurde.
Erst nach Abschluss des Festungsbaus, mit dem eine Reihe großer und zweckmäßiger Kasernen in Germersheim entstand, wurde die vormalige „Hauptbaukaserne 102“ – so die rein militärische Bezeichnung des 19. Jahrhunderts – von der Offiziersgesellschaft übernommen, die in den Räumen zunächst „Speiseanstalten“ für die Offiziere der in der Festung Germersheim liegenden Stammeinheiten des 17. Infanterie-Regiments und des 2. Bataillons des 2. Bayerischen Fußartillerie-Regiments betrieb.
Mit der Zeit wurde das Gebäude um Außenanlagen im Bereich des heutigen Hauptparkplatzes der Stadtverwaltung erweitert, die einen künstlich aufgeschütteten Hügel, Sitzbänke, einen Springbrunnen und eine Kegelbahn umfassten, so dass man das „Offizierskasino“ in der Rückschau durchaus auch als eine Art „Freizeiteinrichtung“ für die damaligen Offiziere der Garnison Germersheim und deren Familien bezeichnen kann.
Hierbei nahm der Festsaal-Anbau, dessen Außenfassade sich auch heute noch deutlich vom Baukörper des übrigen Verwaltungsgebäudes abhebt, eine herausragende Rolle ein. Der Anbau entstand in den Jahren 1892-1893 und wurde in der Folgezeit für Festlichkeiten und Veranstaltungen der Offiziersgesellschaft, einem Zusammenschluss aller in der Festung Germersheim eingesetzten Offiziere, sowie der einzelnen Regimenter, genutzt. Dazu zählten vor allem Jubiläumsfeiern z.B. der „17er“ oder Anlässe wie „Kaisers Geburtstag“.
Das Studium des Archivmaterials hat dabei klar gemacht, dass die komplette Ausstattung des Festsaals, die von der Möblierung bis hin zu den heute erhaltenen Deckengemälden reicht, nach Fertigstellung des eigentlichen Baus von der Germersheimer Offiziersgesellschaft selbst finanziert werden musste, die sehr daran interessiert war, diese Räumlichkeiten ihrem damaligen Selbstverständnis entsprechend auszustatten.
Auch wenn viele bislang unbekannte historische Details und Zusammenhänge zu Tage gefördert werden konnten, so bleibt die Frage, wer die Deckengemälde geschaffen hat, letztlich offen. Leider ließen sich dazu keine da keine Akten mehr auffinden, die dies erhellen könnten.
Am Ende des Ersten Weltkriegs, im November des 1918, räumte die Bayerische Armee den Standort Germersheim innerhalb weniger Wochen. Der Betrieb der Offiziers-Speiseanstalt ging damals schlagartig zu Ende wie auch die Offiziersgesellschaft der Garnison Germersheim mit dem Kriegsende aufgehört hatte, zu existieren.
Die lesenswerte Broschüre umfasst 28 durchgehend farbig illustrierte Seiten, mit zahlreichen historischen Plänen, Ansichten und Fotografien, und ist für 2,50 € im Informations- und Tourismuszentrum der Stadt Germersheim im Weißenburger Tor erhältlich.
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