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Landesfinanzausgleichsgesetz: Stadt Pirmasens und Kreis Kaiserslautern ziehen vor Bundesverfassungsgericht

20. Dezember 2020 | Kategorie: Südwestpfalz und Westpfalz

Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe
Foto: Pfalz-Express

Pirmasens und Landkreis Kaiserslautern. Die Stadt Pirmasens will gemeinsam mit dem Landkreis Kaiserslautern „die beim Verfassungsgerichtshof (des Landes) offen gebliebenen beziehungsweise nicht abschließend geklärten Fragen möglichst zeitnah beim Bundesverfassungsgericht“ klären lassen.

Dies kündigen Oberbürgermeister Markus Zwick (Pirmasens) und Landrat Ralf Leßmeister (Landkreis Kaiserslautern) in einer gemeinsamen Erklärung an. Entsprechende Schriftsätze zur Fortsetzung des Verfahrens würden in den kommenden Wochen dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zugeleitet.

Zuvor hatten die beiden Politiker als Vertreter ihrer jeweiligen Kommune vor dem Verfassungsgerichtshof in Koblenz gegen das Land Rheinland-Pfalz geklagt und mit dem verkündeten Urteil die angestrebte Bestätigung erhalten, dass das gegenwärtige Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) mit der Verfassung für Rheinland-Pfalz unvereinbar ist.

Dem Land wurde vom Gericht auferlegt, seinen Gemeinden und Gemeindeverbänden ausreichend Geld für die Erfüllung ihrer Aufgaben zur Verfügung zu stellen. (Wir berichteten.)

Die Stadt Pirmasens und der Landkreis Kaiserslautern hätten „stellvertretend für die kommunale Familie gegen die Schlüsselzuweisungen der Jahre 2014 und 2015 geklagt“, betonen Markus Zwick und Ralf Leßmeister.

Das (erzielte) Urteil strahle eine Signalwirkung für die Situation der kommunalen Haushalte und die Finanzbeziehungen zwischen Kommunen und ihren Ländern aus.

„Wir sind sehr erleichtert über unseren Sieg vor dem Verfassungsgerichtshof. Das Grundsatzurteil zeigt dem Land Rheinland-Pfalz den dringenden Handlungsbedarf auf, der in Sachen Finanzausgleich in unserem Bundesland besteht.

Das Urteil stößt außerdem ein gerechteres, weil bedarfsgerechtes, System des Kommunalen Finanzausgleichs an, wonach die Kommunen ihre Pflichtaufgaben künftig finanzieren können müssen und ihnen zusätzlich ein Spielraum für freiwillige Aufgaben verbleibt“, erklären Landrat Leßmeister und Oberbürgermeister Zwick „nach einer ersten Analyse des 52-seitigen Urteils“.

Allerdings verhelfe diese Gerichtsentscheidung den klagenden Kommunen Pirmasens und Landreis Kaiserslautern allenfalls mit zeitlichem Verzug zu ihrem subjektiven Recht auf kommunale Selbstbestimmung.

„Auch wenn die Verfassungswidrigkeit des Kommunalen Finanzausgleichs nun höchstrichterlich seit 2007 festgestellt ist, können die zugrunde liegenden Regelungen sogar noch bis 31. Dezember 2022 Anwendung finden.

Die Verfassungswidrigkeit dauert also einstweilen fort.“ Mit Blick in die Vergangenheit bestehe berechtigte Sorge, ob der Kommunale Finanzausgleich (KFA) tatsächlich ab 2023 vom Land den Aufgaben angemessen ausgestattet werde.

Schuldenlast der Kommunen soll berücksichtigt werden

Zudem fehlte eine verbindliche Festlegung, wie mit den Folgen der jahrelangen Verfassungswidrigkeit, also der hohen Verschuldung von Stadt Pirmasens und Kreis Kaiserslautern umzugehen sei.

„Stadt und Kreis danken selbstverständlich dem Verfassungsgerichtshof für den Hinweis, dass ohne Entschuldung auch eine Umstellung des Finanzausgleichssystems die Situation nicht zum Besseren wenden vermag.“ Nicht abschließend geklärt sei aber die Frage, ob die künftige Höhe der Finanzausgleichsmasse auch die Schuldenlast der Kommunen zu berücksichtigen hat.

Haushaltslage des Landes soll kein Kriterium bleiben

Außerdem gebe der VGH den bisher vertretenen Grundsatz, dass der Anspruch der Kommunen gegen das Land auf finanzielle Mindestausstattung unter dem Vorbehalt der finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes steht, nicht vollständig auf.

Das Bundesverwaltungsgericht vertrete dagegen die Auffassung, Artikel 28 Absatz 2 Grundgesetz schütze die Selbstverwaltung in ihrem Kernbereich absolut und dies umfasse auch deren finanzielle Voraussetzungen.

Der Landesgesetzgeber könne somit eine strukturelle Unterfinanzierung der Gemeinden nicht mit dem Hinweis darauf rechtfertigen, auch die Haushaltslage des Landes sei notleidend. Der Mindestbedarf der Kommunen stelle vielmehr einen „abwägungsfesten Mindestposten“ im öffentlichen Finanzwesen des jeweiligen Landes dar.

Die Auslegung von Artikel 49 Absatz 6 der Landesverfassung durch den Verfassungsgerichtshof bleibe somit hinter der Auslegung des Artikel 28 Absatz 2 Grundgesetz hinsichtlich der absolut geschützten finanziellen Mindestausstattung durch das Bundesverwaltungsgericht zurück.

Das Bundesverfassungsgericht habe zu dieser Frage bislang habe noch nicht Stellung bezogen. In seinem Beschluss vom 7. Juli 2020 führe es aus, es sei noch ungeklärt, „ob eine angemessene Finanzausstattung oder jedenfalls eine finanzielle Mindestausstattung Teil der kommunalen Finanzhoheit ist“.

Die von der Stadt Pirmasens und dem Kreis Kaiserslautern eingereichte Kommunalverfassungsbeschwerde biete die Chance, eine einheitliche Auslegung des Inhalts der verfassungsrechtlichen Finanzgarantien im Grundgesetz und in der Landesverfassung zu erreichen. „Dies wäre nicht zuletzt mit Blick auf den nun neu zu regelnden Finanzausgleich in Rheinland-Pfalz von Bedeutung“, ergänzt Landrat Leßmeister.

„Bestätigt das Bundesverfassungsgericht, dass die Mindestfinanzausstattungsgarantie nicht unter dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des Landes steht, so kommt eine Unterschreitung der grundsätzlich zu gewährenden finanziellen Mindestausstattung auch in Ausnahmesituationen nicht in Betracht, in denen die Finanzlage des Landes erheblich beeinträchtigt ist.

Dies ist nicht zuletzt mit Blick auf den Landeshaushalt mit neuen Corona-Schulden von Bedeutung“, betonen Markus Zwick und Ralf Leßmeister übereinstimmend.

Da für die anstehenden Verhandlungen mit dem Land über einen künftigen bedarfsorientierten Finanzausgleich diese Frage von geradezu entscheidender Bedeutung sei, komme der beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Klage nunmehr eine größere Bedeutung zu. (Werner G. Stähle)

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