Landau. „Stiftskirche stiftet Zusammenhalt – hier stehen wir – wir können nicht anders. Für Menschlichkeit und Miteinander“, so lautete das Motto unter dem die Prot. Kirchengemeinde am 7. Dezember in die Stiftskirche eingeladen hatte.
Nachdem zuletzt das Neustadter Verwaltungsgericht der Stadt Landau gefolgt war und die Kundgebung auf dem Stiftsplatz aus Sicherheitsbedenken verbot, entschlossen sich Dekan Janke und Pfarrer Jürgen Leonhard die Kundgebung ins Innere der Stiftskirche zu verlegen.
Das „Frauenbündnis Kandel“ war gleichzeitig in Herxheim mit seiner Demo unterwegs – ohne Marco Kurz.
Die Stiftskirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Mit dabei Kirchenpräsident Christian Schad, der Kandeler VG-Bürgermeister Volker Poß, Landauer Stadträte, Vereine und viele Personen, die sich mit der Aktion am 2. November (Glocken wurden geläutet, als das Frauenbündnis seine Demo auf dem Stiftsplatz abhielt) solidarisch erklärten.
Pfarrer Leonhard erläuterte seine Beweggründe für die Läut-Aktion. „Was momentan bei uns passiert, erinnert mich an die Zeit von 1933 bis 45.“ Damals habe die Protestantische Kirche nicht protestiert. „Doch wir wissen um unsere gesellschaftliche Verantwortung“, so Leonhard. „Die Glocken haben so laut geläutet, dass die Hassparolen des Frauenbündnisses nicht gehört wurden“, so Leonhard. Im Übrigen brauche man das Frauenbündnis weder in Landau, noch in Herxheim noch in Kandel.
„Wir brauchen eine starke Zivilgesellschaft für ein demokratisches Land, sowie ein breites Spektrum der Parteien. Die AfD lassen wir mal außen vor“, sagte er. „Ich habe die letzten Wochen viel über die Politik gelernt. Ich habe es ihnen nicht leicht gemacht, sie mir aber auch nicht.“ Er habe aber aus seinem Herzen keine Mördergrube machen wollen.
Dass man die Einigkeit bei einer Versammlung aufgegeben habe, habe ihn traurig gemacht. Letztendlich sei der Rechtsweg beschritten worden. Man sei dann mit Recht der Autorität des Verwaltungsgerichts gefolgt. Sein Dank galt den Altkatholiken, die ihn ermuntert hätten, diesen Weg zu gehen und die auch Spenden dafür gesammelt hätten. „Wir wollen ein weltoffenes Landau“, rief Leonhard unter großem Beifall.
Dekan Janke freute sich, dass so viele Menschen, auch etliche junge Leute, in der Kirche waren. „Wir haben aus dem Herzen geläutet und sehr viel Zustimmung erfahren, wie zum Beispiel aus der Schweiz. Wir haben die Schnauze voll und haben am 2. November unsere Wut über die ganze Stadt hinaus getragen.“ Er erinnerte wie zuvor Leonhard an „rechtsradikalen Terror“ der letzten Zeit: „Das können wir nicht über uns ergehen lassen“.
Auch Maximilian Ingenthron ergriff das Wort. Er sprach davon, dass die Stiftskirchengemeinde eingeschüchtert werden solle vom Frauenbündnis. Vernunft gegen Vorurteile. „Wissen die überhaupt, von was sie sprechen? Sie müssen aufgeklärt werden.“ Und bemühte Kant als großen Philosophen der Aufklärung mit seinem berühmten Satz: „Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen.“
Kant sei das Gegenteil eines Demagogen zu denen er auch Kurz, Gauland oder auch Salvini zählte: „Alle sind brandgefährlich!“ In der Nazizeit sei die Demokratie nicht wehrhaft genug gewesen, sodass Hitler als größter Demagoge an die Macht kommen konnte, erklärte Ingenthron. „Es gibt keine Ewigkeitsgarantie für die Demokratie, wir müssen wachsam bleiben“.
Als letzte Rednerin sprach Dr. Charlotte Dany von der Friedensakademie. Ihr Thema: Wie kann Frieden aktiv gestaltet werden? Dany setzt auf Gesprächsforen „mit all jenen, die sich erklären wollen“. Konstruktiver Streit und gegenseitiger Austausch müssen möglich sein. Durch gegenseitige Interaktion und sachbezogene Diskussionen könnten viele Konflikte entkräftet werden. Sie bekam dafür viel Applaus.
Zwischen den Redebeiträgen und am Schluss wurde gemeinsam mit verschiedenen Chören unter anderem die Europahymne und „We shall overcome“ gesungen. Außerdem läuteten minutenlang die Glocken und begleiteten die Menschen nach draußen, wo sie sich mit Buttons „Ich habe geläutet“ versorgen konnten. Die hatte der Verein „Für Toleranz und Menschlichkeit Südpfalz e.V.“ gegen eine kleine Spende verteilt. (desa)
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