Kandel – Stadtbürgermeister Michael Niedermeier wurde bekannt, dass der ehemalige Reichskanzler des Deutschen Reichs, Adolf Hitler, und der Gauleiter der NSDAP, Josef Bürckel, die Ehrenbürgerwürde der Stadt Kandel verliehen wurde – und dieser Beschluss nie aufgehoben oder revidiert wurde.
Der Beigeordnete und Kandel-Historiker Dr. Werner Esser recherchierte daraufhin und entdeckte tatsächlich im Stadtarchiv Landau die Ausgabe der Zeitung „Der Rheinpfälzer“ vom 7. April 1933.
Diese Ausgabe dokumentiert, dass in der Sitzung des Gemeinderats Kandel (wahrscheinlich am 31. März 1933) auf Antrag des NSDAP-Ortsgruppe Kandel Adolf Hitler und Josef Bürckel einstimmig zu Ehrenbürgern der Gemeinde Kandel ernannt wurden.
In einer (nicht zweifelsfrei gesicherten) verfassten Abschrift des Protokolls der Gemeinderatsbeschlüsse der Gemeinde Kandel heißt es: „Auf Antrag der Ortsgruppe Kandel der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei fasst der Gemeinderat in seiner heutigen Sitzung in Würdigung der großen Verdienste um Rettung und den Wiederaufbau unseres Vaterlandes den einstimmigen Beschluss, den Herrn Reichskanzler Adolf Hitler und den Gauleiter der N.S.D.A.P. Herrn Josef Bürckel zu Ehrenbürgern der Gemeinde Kandel zu ernennen.“
„Es ist zweifelsohne klar und in der geschichtlichen Bewertung unstrittig, dass der ehemalige Reichskanzler Adolf Hitler für die grausamsten Kriegsverbrechen des Deutschen Volkes verantwortlich ist. Er ist für den Tod von abermillionen militärischen wie zivilen Opfern im Zweiten Weltkrieg verantwortlich“, so die Stadt. „Er ist für die systematische Vertreibung, Ermordung und Vernichtung von Minderheiten, insbesondere der jüdischen Bevölkerung, verantwortlich. Seine menschenverachtende und kriegerische Sicht auf die Welt und damit einhergehend auf sein ´Regierungshandeln´ haben zu einer der schlimmsten Folgen für Deutschland, Europa und der Welt geführt.“
Ebenso unstrittig sei die geschichtliche Bewertung von Gauleiter Josef Bürckel. Der wurde in Lingenfeld geboren, war als Lehrer unter anderem auch in Minfeld tätig und wurde mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten zu einem mächtigen Partei- und Regierungsfunktionär unter Adolf Hitler.
Seit 1926 war er Gauleiter der Pfalz (später Rhein-Pfalz, dann Saarpfalz, dann Westmark), Mitglied der SA und später der SS als (Ober-) Gruppenführer. Bürckel war auch Gauleiter von Wien, Reichsstatthalter der Ostmark und Reichsverteidigungskommissar. Er war „Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreich mit dem Deutschen Reich“, „Reichsstatthalter der Westmark“ und „Chef der Zivilverwaltung Lothringes“.
In diesen Funktionen organisierte Bürckel die Massendeportationen von Wiener Juden und gemeinsam mit dem Gauleiter des Gaus Baden die Deportation Pfälzischer und Badischer Juden nach Gurs. Viele kamen bereits bei den Deportationen oder in den Lagern ums Leben, die meisten verbleibenden wurden später in den Vernichtungslagern ermordet. Nur wenige überlebten.
Aufgrund dieser Tatsachen sei sich Stadtbürgermeister Michael Niedermeier (CDU) mit dem Stadtvorstand einig, dass der Beschluss des damaligen Gemeinderats aufgehoben, revidiert und damit die Ehrenbürgerwürde für Adolf Hitler und Josef Bürckel posthum aberkannt werden muss.
Das soll bei der nächsten Stadtratsitzung am 5. Dezember geschehen.
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