Speyer – Extremsportler und Musiker Joey Kelly kriecht auf allen Vieren ins Ziel. Vollkommen ausgepowert, am Ende seiner Kräfte, aber glücklich.
Diese Schlussszene beim Alaskalauf, an dem Kelly teilgenommen hatte, konnten sich die Zuhörer seines Bildvortrags „Wie schaffe ich mein Ziel“ im Technik Museum Speyer auf der Großleinwand anschauen.
Damit nicht genug: Blutige Blasen an den Füßen aufschnipplen nach dem Sahara-Wüstenlauf, ein kreideweißer und kaum noch des Sprechens mächtiger Joey Kelly nach den härtesten Wettkämpfen, die der Planet zu bieten hat – das Publikum bekam ordentlich Stoff geboten.
Das Mitglied der berühmten Kelly-Family bezwang unter anderem den Ultraman auf Hawaii, den Badwater Run im Death Valley, das Bike-Rennen „Race across America“, quälte sich mit Markus Lanz am Südpol, lief in 14 Tagen von der Nordsee bis zum Gipfelkreuz der Zugspitze – ohne Geld und ohne Essen anzunehmen.
Kelly lässt nichts aus, geht bis an die Grenze und darüber hinaus: „Alles eine Sache der Psyche“, sagt er. „Wir alle haben unglaubliche Reserven.“
Die meisten kennen ihn aus dem TV – Kelly nimmt regelmäßig an den Raab-Events Turmspringen, Wok-WM und Carball teil. Seine anderen Seiten, die ganz harte und die ganz weiche, sind weniger bekannt.
Pfalz-Express traf Joey Kelly in Speyer zum Interview:
Joey, wie sind Sie zum Extremsport gekommen?
Das war eher Zufall. Ich habe mit einem Bekannten gewettet, ob ich einen Triathlon schaffe. Damals habe ich es fast nicht ins Ziel geschafft. Zuerst wollte ich so was nie wieder machen, aber nach einigen Tagen habe ich gemerkt, dass Ausdauersport für mich optimal ist – zum Ausgleich für meine Tätigkeit als Unternehmer und damals noch Musiker.
Mit der Zeit steigert man sich – zuerst Marathon, dann versucht man es mit den Ironman und schon ist man drin und landet man beim Wüstenlauf. Mir macht es großen Spaß, seit über 17 Jahren.
Was passiert in der Psyche, wenn Sie sich so sehr verausgaben? Kann man das als eine Art Sucht bezeichnen?
Wenn es eine Sucht ist, dann eine positive. Man kämpft. Man kommt runter. Man wird bescheiden, dankbar. Und es gibt einem Kraft. Es ist interessant, sich in körperlichen Grenzbereichen zu bewegen – ein Hochgefühl wie beim Verliebtsein. So entstehen tolle Momente, von denen ich lange zehre.
Sie wollen natürlich auch gewinnen…
Ja, ich will gewinnen. Weil es gut ist, weil es Spaß macht. Ich siege natürlich nicht immer, aber ich gebe nicht auf. Männer mögen das Siegen (lacht).
Sie haben so ziemlich alles geschafft, was sportlich möglich ist. Was haben Sie noch vor?
Da gibt es noch einiges: Den Nordpol, Kanada, das Projekt „Ausgesetzt und Überleben im Urwald“, nochmals der Deutschlandlauf – mir gehen die Ziele nicht aus.
Haben Sie noch Kontakt zu Ihren Geschwistern?
Ja, ich habe guten Kontakt zu den meisten.
Wie haben Sie Ihren Vater empfunden? Durch die Medien geistert häufig das Bild eines despotischen Alleinherrschers…
Ich hatte keine Angst vor meinem Vater, sondern hohen Respekt. Er war sehr streng, das ist richtig. Aber er hat mich stark geprägt, mir viel gegeben: Lebensprinzipien, feste Fundamente. Sein Motto war: Mehr geben als nehmen. So sehe ich das heute ebenfalls. Auch deshalb bin ich erfolgreich. Ich will mich für die Menschen, mit denen ich zu tun habe – auch in meiner Eigenschaft als Unternehmer– einsetzen, sie für mich gewinnen.
Wenn man nach diesem Prinzip lebt, wird man wahrscheinlich nicht privat alleine landen – und beruflich sehr weit kommen.
Was tun Sie gerne, wenn Sie keinen Sport treiben?
Ich arbeite gerne im Büro und in der Landwirtschaft.
Nehmen Sie eine besondere Ernährung zu sich? Was essen Sie denn gerne?
Ich esse alles gerne. Und ich liebe Pizza, aber nur gut gemachte wie in Italien.
Was war das Erlebnis, das Sie bei Ihren Touren am meisten beeindruckt hat?
Da kann ich kein einzelnes benennen. Die Menschen, die Landschaft, die Kultur – es gab viele phantastische Eindrücke und Erlebnisse.
Gibt es ein „schlimmstes Erlebnis“ für Sie?
Es gab viele schlimme Momente – aber wenn man seine Eltern verliert, das ist wohl das schrecklichste. Wenn man jung ist, seine Mutter verliert – das ist ganz furchtbar.
Wenn man dann selbst Kinder hat, merkt man, was die Eltern alles für einen getan haben. Meine Mutter hat uns ihr Leben geschenkt, sich selbst vergessen – für uns Kinder. (cli)
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