Landau. „Viele waren stolz in der Stadt, als das Geothermiekraftwerk in Betrieb ging. Leider sind jetzt verstärkt Sorgen in der Bevölkerung aufgekommen“, sagte Moderator Bürgermeister Hirsch einleitend zur Begrüßung einer Infoveranstaltung zu den geplanten Ertüchtigungsmaßnahmen des Werkes. Das Kraftwerk produziert seit 2007 regenerativ Strom und Wärme, seither gibt es immer wieder seismische Bewegungen und Schäden an Gebäuden.
Den Fragen des Publikums stellten sich Dr. Christian Lerch, Geschäftsführer der geox GmbH, Dr. Jörg Baumgärtner, Geschäftsführer der Pfalzwerke geofuture GmbH, Dr. Joe Weingarten als Vertreter des Wirtschaftsministeriums und der Ombudsmann Dieter Morgenroth. Etwa 30 Personen hatten sich im kleinen Saal der Festhalle eingefunden; manch einer wollte sich nur allgemein ein Bild über den Stand der Dinge machen. Die meisten aber sind unmittelbar betroffen und wohnen in Queichheim, Rohrbach oder Insheim. Auch eine kleine Abordnung aus Brühl war angereist. Dort hat eine Bürgerinitiative im Oktober eine Bürgerbefragung gegen das dort geplante Geothermieprojekt durchgeführt. Eine Mehrheit von 67 Prozent aller, die sich daran beteiligten, hatte sich klar gegen dieses Pilotprojekt ausgesprochen. „Daraus lässt sich ein repräsentatives Meinungsbild erkennen“, ist die Brühler Bürgerinitiative überzeugt.
Trotz des brisanten Themas versuchten gestern alle Seiten die sicherlich vorhandenen aufgestauten Emotionen beiseite zu lassen. Was nicht zuletzt auch dem Vertreter des Wirtschaftsministeriums, Dr. Joe Weingarten zu verdanken war. „Es hat Lernprozesse auf beiden Seiten gegeben. Es war sicherlich ein Fehler, zu wenig Daten zu veröffentlichen und nicht schnell genug auf Schäden zu reagieren“. Weingarten versprach für die Zukunft ein größeres Maß an Offenlegung und weitere Bürgerbeteiligung, „was ja auch in dieser Infoveranstaltung schon angeklungen ist. Wir denken, dass wir einen Schritt in die richtige Richtung machen, außerdem möchten wir unsere heimischen Energiequellen nutzen. Wir sehen aber auch unsere Verpflichtung den Menschen gegenüber“, sagte Weingarten. Optimistisch sieht Weingarten, im Gegensatz zu manchen Kritikern im Saal, das Energiepotential der Geothermie im Jahr 2030 bei einem Prozent.
Dr. Lerch hatte auch schon im Stadtrat sein Konzept vorgestellt. „Das Kraftwerk soll rentabel arbeiten, dabei aber auch sicher sein,“ so Thomas Hirsch. Um die Erdbebengefahr zu minimieren, soll nun eine dritte Bohrung erfolgen. Beabsichtigt wird, dass mehr warmes Wasser mit weniger Druck nach oben kommt. „Die Anlage kann wieder mit 100 Prozent der Leistung betrieben werden, die Wirtschaftlichkeit ist dann wieder hergestellt“, so Lerch. Bereits im Frühjahr/Sommer 2013 soll die Bohrung erfolgen. Sie wird fast 9 Millionen Euro kosten. Der Zeitplan sieht vor, dass im 1. Quartal nächsten Jahres Erkundungsmaßnahmen stattfinden sollen, im zweiten Quartal erfolgt die Bohrung, die im 3. Quartal ins Kraftwerk mit verschiedenen Maßnahmen eingebunden werden soll. Im letzten Quartal geht es in die Testphase. „Ende des Jahres wird die Anlage voll ertüchtigt und sinnvoll zu betreiben sein“, weiß Lerch.
Die Fragesteller im Publikum zeigten sich durchaus technisch versiert. Fragen nach technischer Umsetzung, nach Leistung, nach Rentabilität, Amortisierung, nach weiterer Bürgerbeteiligung wurden laut. Verschiedene Messsysteme arbeiten rund um die Uhr um seismische Bewegungen aufzuzeichnen. „Landau ist der zur Zeit am besten überwachte seismische Standort in der Bundesrepublik“, sagte Dr. Baumgärtner.
Auch Dieter Morgenroth sprach über seine Arbeit. Dass der Ombudsmann von der geox bezahlt wird, sorgte für nachdenkliche Mienen und Mutmaßungen. Bisher haben sich 31 Bürger an den Ombudsmann gewandt. Die Schadensmeldungen stammen überwiegend aus dem November letzten Jahres, aber auch aus dem August 2009. In 19 Fällen wurde ein Gutachten in Auftrag gegeben. Drei Gutachter sind tätig geworden. Mittlerweile liegen 15 Gutachten vor. „Bei elf von ihnen ist ein Ursachenzusammenhang mit der Geothermie als unwahrscheinlich angenommen worden“, so Morgenroth. In vier Gutachten wurden Risse durch andere Ursachen konstatiert. Schadensursache seien häufig Sekundärsetzungen oder bauliche Ursachen. Setzungen könnten durch Erschütterungen oder Grundwasserspiegelschwankungen ausgelöst werden. „Es gibt nur ein einziges Gutachten, das einen ursächlichen Zusammenhang mit der Geothermie feststellt“.
Die Erstellung der Gutachten durch die Sachverständigen hat länger gedauert, als zunächst erwartet. Und hat deshalb bei vielen Betroffenen das Fass zum Überlaufen gebracht. „Welche Erkenntnisse nehmen Sie mit nach Mainz“ wurde Dr. Weingarten gefragt. „Ich verstehe die Betroffenheit, bin aber auch enttäuscht, dass in der Vergangenheit Meditationsangebote einfach ausgeschlagen wurden“. „Bleibt nur zu hoffen, dass alle Beteiligten auch in Zukunft im Gespräch bleiben“, brachte es ein Besucher auf den Punkt. (desa)
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