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Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen: SGD Süd führt ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren durch

28. September 2018 | Kategorie: Neustadt a.d. Weinstraße und Speyer, Rhein-Pfalz-Kreis

Die Struktur-und Genehmigungsdirektion, kurz SGD-Süd in Neustadt.
Foto: Pfalz-Express/Ahme

Neustadt an der Weinstraße/Waldsee/Altrip/Neuhofen – Die Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen wurde von der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd (SGD Süd) auf Basis der im Jahre 2002 eingereichten Unterlagen im Jahr 2006 planfestgestellt. Seitdem wird der Planfeststellungsbeschluss beklagt.

Zur Zeit werde ein ergänzendes Planfeststellungsverfahren durchgeführt, erklärt die Behörde.
Mit dem ergänzenden Planfeststellungsverfahren solle die Planung an die inzwischen durch europarechtliche wie auch nationale Regelungen veränderte Rechtslage angepasst, umwelterhebliche Auswirkungen reduziert und Nebenbestimmungen des Planfeststellungsbeschlusses berücksichtigt werden.

Die erforderlichen Änderungen könnten vollständig auf den planfestgestellten Flächen umgesetzt werden, so die SGD Süd.

Die im Rahmen der Tekturplanung angepassten Teile des Entwurfes sind im Erläuterungsbericht zusammenfassend aufgelistet.

Die Optimierungen des Vorhabens sollen in folgenden Bereichen vorgenommen werden:
•   Binnenentwässerung
•   Restwasserentleerung
•   Abschnittsweise Neutrassierung des Deiches zur Reduzierung von Eingriffen

Eine detaillierte Darstellung kann unter https://sgdsued.rlp.de/de/service/oeffentlichkeitsbeteiligung-bekanntmachungen/ eingesehen werden.

Zur Historie:
Mit Schreiben vom Januar 2002 beantragte das Land Rheinland-Pfalz, den Plan für den Bau der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen in den Gemarkungen Waldsee, Altrip und Neuhofen, Landkreis Rhein-Pfalz-Kreis, festzustellen.

Den entsprechenden Planfeststellungsbeschluss hat die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd im Juni 2006 erlassen.

Auf Teilflächen der Gemarkungen Waldsee, Altrip und Neuhofen soll eine Hochwasserrückhaltung errichtet werden.

Im Osten soll auf einer Fläche von rund 45 Hektar durch eine Deichrückverlegung eine ungesteuerte Rückhaltung realisiert werden.

Westlich anschließend soll ein gesteuerter Rückhalteraum auf circa 237 Hektar entstehen. Er wird vom neuen Rheinhauptdeich auf einer Länge von rund 8,54 Kilometern umschlossen werden.

Statistisch gesehen ist ein Retentionseinsatz dreimal pro Jahrhundert zu erwarten; zweimal während der Vegetationsruhe und einmal während der Vegetationszeit.

Als weitere wasserwirtschaftliche Anpassungsmaßnahmen im Rahmen des Vorhabens sind Flutmulden, ein Graben und Schöpfwerke vorgesehen. Maßnahmen zur Kompensation der Eingriffe in Natur und Landschaft sind im Bereich des Rückhalteraumes geplant.

Das Vorhaben wird seit mehreren Jahren einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen. Mit Urteil vom Dezember 2007 hatte das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße drei Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss aus verfahrensrechtlichen Gründen abgewiesen.

Die klägerischen Berufungen gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom Februar 2009 zurückgewiesen.

Auf die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen der drei Kläger setzte der erkennende 7. Revisionssenat das Verfahren mit Beschluss im Januar 2012 aus und legte dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere Fragen zur Vereinbarkeit der für die Klageabweisung maßgeblichen Verfahrensvorschriften mit unionsrechtlichen Richtlinienvorgaben zur Vorabentscheidung vor.

Mit Urteil vom November 2013 stellte der Gerichtshof fest, dass das entscheidungserhebliche nationale Verfahrensrecht nicht mit Unionsrecht vereinbar sei.

Daraufhin hob das Bundesverwaltungsgericht das Berufungsurteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz auf.

Die Sache wurde außerdem zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurück verwiesen. Dort ist der Rechtsstreit derzeit in einem erneuten Berufungsverfahren anhängig.

In seinem Revisionsurteil vom Oktober 2015 stellt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass das aufgehobene Berufungsurteil hinsichtlich der im Planfeststellungsbeschluss getroffenen Standortauswahl nicht gegen Bundesrecht verstößt.

Der Bau einer Hochwasserrückhaltung in den Gemarkungen Waldsee, Altrip und Neuhofen steht damit dem Grunde nach nicht auf dem Prüfstand.

Allerdings liegen nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union, auf die das Bundesverwaltungsgericht sein Urteil vom Oktober 2015 gestützt hat, Verfahrensfehler im Sinne von Paragraf 4 Absatz 1 beziehungsweise Absatz 1a des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes nahe.

Um die Hochwasserrückhaltung am Standort Waldsee/Altrip/Neuhofen auf eine in formeller Hinsicht rechtssichere Grundlage zu stellen, sollen in einem ergänzenden Planfeststellungsverfahren etwaige Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Umweltverträglichkeitsprüfung geheilt und Optimierungen der Planung vorgenommen werden.

Hierzu hat die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd mit Bescheid vom Oktober 2016 den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses vom 20.06.2006 mit zum rechtskräftigen Abschluss des derzeit beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz im erneuten Berufungsverfahren anhängigen Verwaltungsrechtsstreits ausgesetzt, um ein ergänzendes Verfahren zur Fehlerheilung durchzuführen.

Bis zu dessen Abschluss hat der mit der Sache befasste 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts auf Antrag des Landes Rheinland-Pfalz die Aussetzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beschlossen.

Aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen der Rahmenbedingungen ist darüber hinaus insbesondere eine Neubewertung der Artenschutzverträglichkeit, und der Natura-2000-Verträglichkeit und der naturschutzrechtlichen Eingriffe erfolgt.

Daraus resultierend wurden zur Vermeidung und Minderung von Eingriffen in Natur und Landschaft beziehungsweise von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete und unter Berücksichtigung der Nebenbestimmungen aus dem Planfeststellungsbeschluss die Vorhabenbestandteile und die technische Planung im Wesentlichen wie folgt optimiert:
–   Verschiebung der Deichtrasse im Bereich der Rheinuferstraße nach Süden
–   Verschiebung der Deichtrasse im Bereich des Schulgutweihers nach Norden
–   Belassen einer vom Heldbock besiedelten Eiche
–   Bau von Leiteinrichtungen und Unterquerungshilfen in der Kreisstraße K 13
–   Festlegung von Baunebenflächen nach den Belangen des Naturschutzes
–   Belassen eines Abschnittes des derzeitigen Rheinhauptdeiches
–   Verzicht auf Restwasserentleerung über den Neuhofener Altrhein
–   Weitere Maßnahmen zur Binnenentwässerung, Grundwasserhaltung und Restwasserentleerung
–   Naturschutzfachliche Schutz- und Vorsorgemaßnahmen
–   Kohärenzsicherungsmaßnahmen
–   Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung beziehungsweise Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft

Insoweit hat das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Neubaugruppe Hochwasserschutz Oberrhein, mit Schreiben vom August 2018 beantragt, den mit Beschluss der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 20.06.2006 festgestellten Plan für den Bau der Hochwasserrückhaltung Waldsee/Altrip/Neuhofen zu ändern.

Die wesentlichen Änderungen am planfestgestellten Vorhaben resultieren insbesondere aus kleinflächigen Anpassungen der Deichfläche, der Pumpleistungen der Schöpfwerke sowie der Restwasserentleerung.

Um die Verträglichkeit des Vorhabens mit dem gesetzlichen Artenschutz, Natura 2000 und der Eingriffsregelung zu gewährleisten, wurden Vermeidungs- und Kompensationsmaßnahmen neu geplant (Karten 2.1 und 2.2).

Zusätzliche Maßnahmenflächen befinden sich „Im Sand“ und südlich des Neuhofener Altrheins (Gemeinde Neuhofen), in der „Jägerwiese“, im „Speyerer Riedwald“, auf der „Horreninsel“ (Gemeinde Altrip) und „Im Wörth“ (Gemeinde Waldsee) sowie im FFH-Gebiet „Baumholder und Preußische Berge“ auf Gemarkung Körborn und Pfeffelbach (Landkreis Kusel). (red)

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