Oberndorf – Im Streit um die Zuverlässigkeit des Sturmgewehrs G36 der Bundeswehr hat sich der Eigentümer des Herstellers Heckler & Koch zu Wort gemeldet.
Andreas Heeschen sagte der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: „Ich bin sicher: Die Wahrheit kommt ans Licht. Es kann einfach nicht sein, dass nun nach zwanzig Jahren entdeckt wird: Das Gewehr taugt nichts. Was wir herstellen, ist zu 100 Prozent einsatzfähig.“
Vom Ministerium würden schwere Vorwürfe erhoben. Aber, so Heeschen weiter „in unserer Fertigung gilt für alle Mitarbeiter und jederzeit: Keinerlei Kompromisse – im Interesse der Soldaten.“ Auf das Sturmgewehr G36 könnten sich die Soldaten „jederzeit verlassen“, versicherte Heckler & Koch.
Eine aktuelle Untersuchung im Auftrag der Bundeswehr kommt zu einem anderen Ergebnis. In einer Zusammenfassung, die zum Wochenende verschickt wurde, heißt es: „Das Waffensystem erfüllt die Forderungen nicht.“ Der Bericht stellt fest: „Ursächlich für die sinkende Trefferwahrscheinlichkeit ist (…) das Gesamtssystem.“ Es sei, hebt der Bericht hervor, technisch möglich, die Unzulänglichkeiten zu beheben.
Heeschen sagte: „Über Veränderungen an unseren Produkten kann immer geredet werden. Das ist unser tägliches Geschäft, wir sind da flexibel und gut. Das wäre natürlich auch beim G36 möglich, dazu muss nur ein Wille da sein. Wir sind jederzeit bereit. Für uns zählt alleine der Soldat.“
Der Heckler & Koch-Eigentümer verwahrte sich gegen pauschale Vorwürfe, die geänderte Rahmenbedingungen nicht berücksichtigten: „Wer als Single ein Cabrio kauft und dann jahrelang damit fährt, kann sich doch nicht nach Hochzeit und vier Kindern plötzlich beim Hersteller beschweren und sagen: Das ist ein Mist-Auto – wir passen da nicht rein.“
Rechtliche Schritte könnte Heckler & Koch einleiten, wenn, so Heeschen, „wir feststellen, dass die Untersuchungen nicht rechtmäßig durchgeführt wurden. Das werden wir aber erst prüfen können, wenn der Bericht tatsächlich vorliegt. Zur Zeit wissen wir nicht einmal, warum genau das Gewehr angeblich Probleme machen soll.“
Heeschen gestand ein: „Zur Zeit ist der Dialog mit der beschaffenden Behörde ein Problem. Wir hoffen, dass sich das bald ändert. Wir sind ein kleines Unternehmen und nicht besonders gut vernetzt in der `Deutschland Incorporated`. Aber wir haben diesen Streit nicht angefangen, sondern es werden Vorwürfe erhoben, die uns im Kern unseres Selbstverständnisses treffen.“
Spiegel-Bericht „grundfalsch“
Heeschen widersprach einem Bericht der Zeitschrift „Der Spiegel“. Dort war von früheren Unregelmäßigkeiten im Umgang mit staatlichen Prüfsiegeln für das G36 berichtet worden: „Wir sind verwundert, dass das Prüfsiegel vom „Spiegel“ aktuell neu aufgemacht wird. Das Thema gab es bereits in der Vergangenheit und wurde vom Bundeswehrbeschaffungsamt gründlich untersucht und nach eingehender Überprüfung als haltlos abgeschlossen.“
Die Behauptung, Heckler & Koch markiere seine Waffen “ nach Gutdünken mit nachgemachten, in unserem Besitz befindlichen Hoheitszeichen“, sei „grundfalsch“. Das, so Heeschen, „ist nicht so, und das war auch vor 2007 nicht so. Es entspricht den Tatsachen, dass Heckler & Koch das Gütesiegel auf die Waffen lasert. Diese hoheitliche Maßnahme geschieht aber nur auf Weisung.“
Nach Angaben von Heckler & Koch wird dem Leiter der Laserbeschriftungsanlage morgens von der Güteprüfstelle Oberndorf, die direkt am Firmengelände einen Sitz hat, der Datenträger mit dem originalen Prüfsiegel zur Verfügung gestellt. Den weiteren Vorgang beschreibt das Unternehmen so: „Die Daten werden unter Aufsicht der Güteprüfstelle in die Steuerung der Maschine eingelesen; hier wird insbesondere von dem Beamten darauf geachtet, dass keine Kopie der Daten auf der Maschine abgelegt werde. Abends werden die Daten unter Aufsicht dann wieder gelöscht und der Datenträger wird dem Beamten der Güteprüfstelle abschließend ausgehändigt. Dieser nimmt ihn an sich und verschließt ihn im Tresor der Güteprüfstelle.“
Weiter teilte der Waffenhersteller mit: „Weder ist oder war Heckler & Koch im Besitz des Hoheitszeichens, noch verfügen oder verfügten wir in der Vergangenheit über eine Kopie des Hoheitszeichens. Auch vor Einführung der Lasertechnologie wurde so verfahren, anstatt eines Datenträgers wurden damals von der Güteprüfstelle die Schablone oder der Stempel übergeben. Alles geschieht unter Aufsicht, wir führen hier nur aus.“
Jedes einzelne der insgesamt 178.000 von der Bundeswehr genutzten Gewehre G36 sei durch die Güteprüfstelle abgenommen worden. (dts Nachrichtenagentur)
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