Berlin – CDU-Politiker Thomas de Maizière kann seinem unfreiwilligen Abschied vom Amt des Bundesinnenministers inzwischen positive Seiten abgewinnen.
„Ich denke, dass ich mehr gewonnen als verloren habe: Freiheit, Bewegungsraum, Zustimmung“, sagte de Maizière den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Nach 28 Jahren als Staatssekretär und Minister auf Landes- und Bundesebene sieht er die neue Phase als „tiefen Einschnitt“. Seine Frau nenne es die Wiederherstellung der Alltagstauglichkeit, so de Maiziere.
Der 64-Jährige erklärte auch: „Bei Leistungssportlern würde man sagen: Ich bin noch beim Abtrainieren.“ Er habe ein bisschen Abschiedsschmerz, aber er brauche es für sein Ego nicht mehr, Minister zu sein.
„Was mache ich eigentlich, wenn ich nicht mehr Minister bin? Dieses Gefühl habe ich nicht.“ Er frage sich manchmal, „wie ich als Minister das enorme Pensum in den Tag hineingequetscht habe“.
Er hatte sein Amt Mitte März an den CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer übergeben. De Maiziere, der in den Koalitionsverhandlungen noch davon ausgegangen war, Innenminister zu bleiben, hatte aus den Medien von seinem Amtsverlust erfahren.
Er verteidigte die Entscheidung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), den Posten der CSU zu überlassen: „Die Übermittlung war unglücklich und nicht in Ordnung, aber Frau Merkel war noch beim Verhandeln, ihr kann ich keinen Vorwurf machen.“ De Maiziere und Merkel kennen sich seit März 1990. „Das Verhältnis ist sehr lang gewachsen, sehr intensiv, sehr eng“, so der Ex-Minister.
De Maiziere äußerte sich auch selbstkritisch über seine Zeit als Bundesminister. „Anfangs hatte ich Probleme mit Repräsentation. Zum 100. Mal das Gleiche zu erklären, ist nervig“, sagte er.
Auch bereut er heute den vielzitierten Satz von der Pressekonferenz im November 2015 anlässlich der Absage eines Länderspiels in Hannover: „Teile dieser Antworten würden die Bevölkerung verunsichern.“ Darüber habe er sich oft geärgert, so der Ex-Minister. „Der Satz war missglückt. Allerdings wäre eine andere Antwort auch nicht so leicht gewesen.“
Mit seiner Entscheidung vom September 2015, Flüchtlinge aus sicheren Drittstaaten an der Grenze passieren zu lassen, hadert er hingegen nicht. De Maiziere sagte: „Ich konnte mir nicht vorstellen, dass wir alle die hässlichen Bilder aushalten. Oder man sagt umgekehrt: Wir weisen die Flüchtlinge zurück, und das geht schief, weil die Polizei kapituliert. Dann hätte sich der deutsche Staat erst recht lächerlich gemacht. Entweder wird es durchgesetzt – mit brutalsten Bildern – oder es wird nicht durchgesetzt, dann lässt man es lieber gleich.“
Zu der Asyl-Affäre um das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wollte sich de Maiziere nicht äußern. (dts Nachrichtenagentur)
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