Rémi Bertrand, der Präsident des Eurodistrikt PAMINA und seine beiden Stellvertreter Dr. Christoph Schnaudigel (Landrat Landkreis Karlsruhe) und Dr. Fritz Brechtel (Landrat Kreis Germersheim)sehen in der Corona-Krise trotz zahlreicher Herausforderungen eine Chance zur Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.
Der Eurodistrikt PAMINA hat sich in dieser schwierigen Phase als wertvolles Instrument der Zusammenarbeit bewährt und sieht sich für die Zukunft in der Rolle einer europäischen Pilotregion.
Der Eurodistrikt PAMINA sah sich mit einer Gesundheitskrise von weltweitem und europäischem Ausmaß sowie von beispiellosem Charakter konfrontiert, da das französische Epizentrum der Pandemie im Elsass lag. Vor diesem Hintergrund hat das Robert-Koch-Institut entschieden, die Region Grand Est zum Risikogebiet zu erklären und Deutschland beschloss seine Grenzen zu Frankreich zu schließen, um eine Verbreitung von COVID 19 in den deutschen Gebieten entlang der Grenze zu verhindern. Diese Krise hat alle Verträge innerhalb weniger Stunden außer Kraft gesetzt, inklusive des Schengener Abkommens.
Trotz dieser schwierigen Situation für den Eurodistrikt PAMINA funktioniert die deutsch-französische Freundschaft weiter. Diese Freundschaft auf Basis persönlicher Beziehungen zwischen Menschen, die sich seit vielen Jahren in der Zusammenarbeit engagieren, hat nicht aufgehört – sie hat sich sogar verstärkt.
Die grenzüberschreitenden Einrichtungen sind das Ergebnis dieser Freundschaft und sie hatten zum Großteil in der Tat Probleme hinsichtlich der gemeinsamen Abstimmung und Entscheidungsfindung. Der Eurodistrikt PAMINA musste plötzlich täglich auf die zahlreichen aufkommenden Hindernisse reagieren. Hindernisse, die durch die eiligen Grenzschließungen entstanden sind.
Seit Beginn der Krise veröffentlicht der Eurodistrikt jeden Tag ein zweisprachiges Informationsschreiben zur Corona-Situation in Europa, Deutschland und Frankreich sowie den drei Teilräumen des PAMINA-Raums.
Der stellvertretende Präsident Dr. Fritz Brechtel unterstreicht: „Der Eurodistrikt war ebenfalls an den Koordinationsprozessen zum Transfer von elsässischen Patienten nach Deutschland beteiligt, auch wenn die Bundesländer die Zahl der Patienten begrenzt haben. Auf diese Weise konnten Erkrankte aus dem Elsass in den Krankenhäusern von Kandel, Karlsruhe und Baden-Baden aufgenommen und behandelt werden.“
Darüber hinaus hat die INFOBEST PAMINA (Netzwerk der Informations- und Beratungsstellen für grenzüberschreitende Fragen am Oberrhein, Anm. d. Red.) in einem kurzen Zeitraum mehr als einhundert Anfragen bezüglich der Grenzschließungen bearbeitet und die politischen Verantwortungsträger auf deutscher Seite bezüglich der Diskriminierung von elsässischen Grenzgängern sensibilisiert.
Heute geht es nun darum, die Wiedereröffnung der Grenzen zu antizipieren. Aus diesem Grund hat der Eurodistrikt PAMINA dem Ausschuss für grenzüberschreitende Zusammenarbeit des Vertrags von Aachen vorgeschlagen, in seiner Funktion als Berichterstatter für den Gesundheitsbereich die Arbeiten zur Erstellung einer Bilanz zu leiten, die zeigen soll, was während der Krise funktioniert hat und welche Instrumente versagt haben – dies gemeinsam mit den anderen Eurodistrikten.
„Als problematisch hat sich beispielsweise erwiesen, dass der Eurodistrikt über keine Kenntnisse der Krankenhaus-Kapazitäten auf seinem Gebiet verfügt. Dabei wäre es wichtig, dass eine aktuelle Datenbasis sowie spezifische Protokolle für den Krisenfall verfügbar sind“, so Landrat Schnaudigel, ebenfalls stellvertretender Präsident des EVTZ Eurodistrikt PAMINA und Vorsitzender der Kommission „Verkehr, Raumordnung, Katastrophenhilfe” des Oberrheinrats.
Außerdem hat der Eurodistrikt PAMINA das Land Baden-Württemberg dazu aufgefordert, im Einklang mit Rheinland-Pfalz und dem Saarland eine Gleichbehandlung von Grenzgängern sicherzustellen. Aktuell ist diesen in Baden-Württemberg immer noch untersagt, ihren Arbeitsweg zu Einkaufszwecken zu unterbrechen.
Als Träger eines INTERREG Projekts zur Zusammenführung von Krankenhauseinrichtungen wurde der Eurodistrikt PAMINA bereits zu Beginn der Krise von der Europäischen Kommission kontaktiert, die sehr am grenzüberschreitenden Umgang mit der Krise interessiert ist.
Auf Basis dieser Gespräche wurde ein neues Pilotprojekt entwickelt, das den Vertrag von Aachen und seine Ausführungen bezüglich angepasster Kompetenzen sowie deren Anwendung auf einen EVTZ (Europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit) aufgreift. Dieses Projekt hat vor kurzem grünes Licht von der EU-Kommission erhalten. Anhand der im Vertrag von Aachen gemachten Erfahrungen können die Europäische Kommission und der Ausschuss der Regionen ein neues Instrument konzipieren, das in Zukunft von allen EVTZ sowie an allen Binnengrenzen der EU anwendbar ist.
Die aktuelle Krise zwingt uns auf gewisse Weise zu mehr grenzüberschreitender Bescheidenheit. Sie wird unser Engagement verstärkt auf die territoriale Solidarität, mehr Zusammenarbeit, mehr Nähe und das gemeinsame Teilen lenken. Das was die europäischen Bürger bezüglich der geschlossenen Grenzen erlebt haben, sollte den Entscheidern in Europa Mut machen, Grenzregionen und EVTZ zukünftig noch mehr zu unterstützen.
Der Eurodistrikt PAMINA ist bereit, diese Herausforderungen anzunehmen und sich auf eine neue Form der Zusammenarbeit einzulassen, die noch näher an den Bedürfnissen und Erwartungen der Bürger ausgerichtet ist. Er ist bereit, „den Prozess des gemeinsamen Wachstums zu beschleunigen, Projekte, einschließlich Investitionsvorhaben, durchzuführen, Ungleichheiten, Ungleichgewichte und Hindernisse aller Art abzubauen und eine Überprüfung des Grenzgänger-Status einzufordern.“
Diesen Artikel drucken