Berlin – Die Bundesregierung hat ihr Ziel verfehlt, den Antibiotika-Einsatz in Tierställen deutlich zu reduzieren. Das geht aus einem internen Bericht des Agrarministeriums hervor, über den die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet.
Demnach habe sich in der Hühner-, Puten- und Kälbermast kaum etwas geändert. Deutliche Verbesserungen seien vor allem in der Schweine- und Ferkelhaltung erzielt worden, heißt es in dem Bericht weiter. Hier sei der Verbrauch um mehr als 40 Prozent zurückgegangen seit das entsprechende Arzneimittel-Gesetz vor fünf Jahren reformiert wurde.
Zufrieden sei man mit dieser Bilanz im Ministerium offenbar nicht. Beim Geflügel habe die beobachtete Entwicklung nicht die Erwartungen erfüllt, schreibt das Agrarministerium. Die Gründe hierfür hätten sich aus den Daten nicht ermitteln lassen und bedürften weiterer Untersuchung.
Bedenklich sei, dass ein Mittel neuerdings erheblich höher dosiert werde: Hierbei handele es sich dem Bericht des Agrarministeriums zufolge um Colistin, das sehr oft in der Hühner- und Putenmast verwendet werde.
Ärzte kritisieren den Einsatz dieses Mittels bei Tieren grundsätzlich, da es immer häufiger als letzte verbleibende Reserve für lebensbedrohlich erkrankte Menschen gilt. Dieses Antibiotikum werde „insbesondere bei Masthühnern erheblich höher dosiert angewendet“, als in „den Zulassungsbedingungen vorgesehen“, heißt es in dem Bericht des Ministeriums weiter.
Insgesamt gehört nach wie vor knapp die Hälfte der beim Geflügel eingesetzten Menge an Antibiotika – wie Colistin – zu den kritischen Wirkstoffen, auch als Reserve-Antibiotika bezeichnet. Sie wurden von der Weltgesundheitsorganisation WHO als besonders wichtig für die Behandlung von Menschen eingestuft. Das Problem dabei ist, je häufiger solche Medikamente in Ställen eingesetzt werden, desto mehr Keime entstehen, bei denen die Antibiotika nicht mehr wirken.
Der agrarpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Friedrich Ostendorff, kritisierte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Sie müsse dafür sorgen, dass Reserveantibiotika „endlich raus aus der Mast“ kämen. Sie dürften nicht in der Tiermast eingesetzt werden, „weil sie eine Bedrohung für die Humanmedizin, für uns Menschen sind, wenn wir im Krankheitsfall diese Stoffe benötigen“, sagte Ostendorff“.
Aus dem Agrarministerium hieß es zu dem Bericht: „Aus den Ergebnissen werden wir gegebenenfalls gesetzgeberische Schlussfolgerungen ziehen.“ Zu viel Antibiotika habe in Ställen nichts zu suchen. Das Ministerium arbeitet nach eigenen Angaben intensiv daran, den Einsatz in der Tierhaltung zu reduzieren. (dts Nachrichtenagentur)
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