Berlin – Der „Bild-Zeitung“ steht der größte Umbau seit Jahrzehnten bevor: Chefredakteur Kai Diekmann will das publizistische Flaggschiff des Medienkonzerns Axel Springer den digitalen Herausforderungen journalistisch und personell anpassen. „Wir müssen alle journalistischen Herangehensweisen, Konzepte, Überzeugungen und Vorstellungen überprüfen“, sagte der 48-Jährige.
„Erfolgreicher Journalismus hängt zum Glück nicht am Papier. Die Zeitung heute ist ein sehr wichtiger Teil einer Marke, die sich neu erfinden muss, weil sich die alten Konzepte und Gewohnheiten ändern.“
Der Bild-Chefredakteur will die gesamten Arbeitsabläufe modernisieren. „Die Bedeutung der klassischen Ressortaufteilung wird sich ändern. Zukünftig werden sich Arbeitsabläufe viel mehr um eine Geschichte drehen“, sagte der Vertraute von Springer-Chef Mathias Döpfner. Es wird auch zu einem umfassenden Personalumbau kommen.
„Die Marke `Bild` für die Zukunft wetterfest zu machen heißt auch, sie umzubauen. Wo kein Wachstum ist, muss ich Strukturen anpassen, um in Bereiche investieren zu können, wo ich Wachstum erwarte“, sagte der langjährige Chefredakteur in Palo Alto (Kalifornien).
Die Redaktion soll künftig weiter gestärkt werden. „Wir werden nicht den Fehler vieler amerikanischer Zeitungen machen, die zuerst bei den Reportern gespart haben. Das ist in meinen Augen lebensgefährlich. Wir wollen da sogar Personal aufbauen.“
Künftig will „Bild“ noch stärker auf Bezahlangebote bei Smartphones, Tablet-PCs und im Internet setzen. „Es wird in unserem neuen Angebot frei zugängliche und bezahlte Informationen nebeneinander geben. Es wird sich im Wesentlichen um ein Abo-Modell handeln, aber ein sehr flexibles“, sagte Diekmann.
Eine bestimmte Anzahl von Klicks sei frei und danach müsse man ein Abo abschließen, sei es nur für eine Woche. „Bild“ will das neue Konzept in wenigen Tagen vorstellen. Ob Springer auch Zukäufe im Bereich Aggregatoren plant, mit denen Nachrichteninhalte von Portalen aus dem Internet individuell zusammengestellt werden, ist unterdessen noch offen. „Wir sind gerade dabei, diesen Bereich in einem umfassenden Projekt zu analysieren und danach treffen wir dazu eine Entscheidung“, sagte Diekmann
Der seit zwölf Jahren amtierende „Bild“-Chef lebt seit dem Spätsommer 2012 im Auftrag des Konzerns im Herzen des Silicon Valley, um ein digitales Netzwerk aufzubauen. Im Juni wird Diekmann nach neun Monaten in die Berliner Konzernzentrale zurückkehren. Axel Springer wird laut „Bild“-Chef künftig eine „ständige Vertretung“ in Palo Alto betreiben, um die digitale Transformation des Konzerns noch entschiedener voranzutreiben.
Im ersten Quartal hatte der Konzern bereits knapp die Hälfte seines operativen Gewinns aus dem digitalen Geschäft erzielt. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen ging in den ersten drei Monaten um drei Prozent auf 132 Millionen Euro zurück. Annähernd 63 Millionen Euro kamen aus dem Bereich Digitale Medien. (dts Nachrichtenagentur)
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