Berlin – Bundeswirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler plant strenge Auflagen für die Spielhallen in Deutschland.
Damit bringt er die Glücksspielindustrie gegen sich auf, die über viele Jahre hinweg die FDP finanziell kräftig unterstützt hat. Die neuen Vorschriften aus Röslers Ministerium würden zusammen mit rigorosen Vorgaben der Bundesländer zum „schleichenden Tod des Automatenspiels“ führen, klagt Paul Gauselmann, der Deutschlands größten Glücksspielkonzern betreibt und den Verband der Automatenwirtschaft leitet. Glücksspiel ist ein Milliardengeschäft. Die Zahl der Automaten ist seit 2005 von gut 180000 auf mehr als 240.000 gestiegen.
Das Wirtschaftsministerium will einem Verordnungsentwurf zufolge die Besucher der Spielhallen vor der Gefahr schützen, dort viel Geld zu verzocken. Außerdem soll in Gaststätten nur noch maximal ein Automat aufgestellt werden dürfen, bislang sind drei Geräte zulässig. Gauselmann spricht in diesem Zusammenhang von einer „Katastrophe“ und einem „Kahlschlag“ für seine Branche.
Mindestens die Hälfte der etwa 70.000 Automaten in Gaststätten und Kneipen müsse dann in kurzer Zeit abgebaut werden. Weitere mehr als 170000 Geräte stehen in den Spielhallen. Dort sollen regelmäßige Spielunterbrechungen und weitere Auflagen dazu führen, dass die Gäste nicht länger „Verlusten nachjagen“, schreibt das Ministerium und bezeichnet das Vorhaben als „dringlich“. Viele Besucher von Spielhallen gelten als süchtig.
Kehrtwende
Der Vorstoß von Röslers Ressort kommt einer Kehrtwende in der Glücksspielpolitik der FDP gleich. Bislang hatten führende Liberale drastische Eingriffe bei der Automatenbranche vehement abgelehnt. Die Glücksspielindustrie gehört seit Langem zu den größten Förderern der FDP. Die Gauselmann-Gruppe hat der FDP im vergangenen Jahrzehnt für insgesamt 1,35 Millionen Euro Anteile an einer Druckerei und an der Agentur Pro Logo abgekauft.
Pro Logo vermarktet Parteitage und andere Ereignisse der Liberalen. Über Pro Logo sponserten Gauselmann und seine Branche viele Parteitage der FDP; außerdem Treffen der Liberalen mit Journalisten sowie Veranstaltungen des langjährigen Schatzmeisters Hermann Otto Solms und von Rainer Brüderle, als der noch Parteichef und Minister in Rheinland-Pfalz war. Brüderle war vor Rösler Bundeswirtschaftsminister.
Enge Kontakte
Die engen Kontakte zwischen der Automatenbranche und der FDP und das umfangreiche Sponsoring der Liberalen durch die Glücksspielindustrie hatten in den vergangenen Monaten und Jahren immer wieder Wirbel verursacht. Die FDP geriet in Verdacht, wegen der Zuwendungen von Gauselmann & Co den Schutz der Bürger vor der Spielsucht zu vernachlässigen.
Aus der Automatenbranche heißt es dazu, die Berichterstattung über die große Nähe zwischen FDP und Glücksspielindustrie führe zu einem Kurswechsel. Immer mehr Liberale wollten dem Eindruck entgegentreten, die Partei sei ein willfähriger Helfer der Automatenbranche. Gauselmanns Einfluss schwinde. (red/dts Nachrichtenagentur)
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