Dienstag, 01. Oktober 2024

Bundesverfassungsgericht erklärt Wahlrechtsreform für teilweise verfassungswidrig – Ampel sieht sich bestätigt

30. Juli 2024 | Kategorie: Nachrichten, Politik

Deutscher Bundestag
Foto: dts Nachrichtenagentur

Karlsruhe  – Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Wahlrechtsreform der Ampelkoalition für teilweise verfassungswidrig erklärt.

Die Regelung zur Streichung der Grundmandatsklausel sei mit dem Grundgesetz unvereinbar, teilten die Karlsruher Richter am Dienstag mit und bestätigten damit einen Leak von Montagabend.

Demnach soll diese Klausel, wonach eine Partei auch bei einem Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde mit dem Zweitstimmenergebnis in den Bundestag einzieht, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewinnt, auch bei der nächsten Bundestagswahl gelten. Der Gesetzgeber wurde zu einer Neuregelung aufgefordert.

Der Rest der Reform – die Streichung von Überhang- und Ausgleichsmandaten – kann laut Urteil weiter in Kraft bleiben. Die Begrenzung der Abgeordnetenzahl im Parlament auf 630 bleibt damit bestehen. Dies dürfte dazu führen, dass künftig nicht alle Direktkandidaten, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen erhalten, auch in das Parlament einziehen. Ihnen soll ein Mandat nur noch dann zugeteilt werden, wenn dies durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt ist.

In Karlsruhe hatten unter anderem die Union und die Linke, die bayerische Regierung sowie mehr als 4.000 Privatpersonen gegen die Reform geklagt.

Ampel sieht sich durch Wahlrechtsurteil bestätigt

Nach dem Urteil sieht sich die Ampelkoalition bestätigt. „Die Verkleinerung des Deutschen Bundestags ist vollbracht und verfassungsgemäß“, sagte SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese am Dienstag.

„Damit haben wir als Regierungskoalition etwas geschafft, an dem eine 16 Jahre unionsgeführte Regierung insbesondere aufgrund der Weigerung der CSU gescheitert ist.“ Man sichere die Funktionsfähigkeit des Bundestages und die effektive parlamentarische Arbeit durch ein „faires, transparentes und einfaches neues Wahlrecht“.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sebastian Hartmann, ergänzte mit Blick auf das Urteil des Verfassungsgerichts, wonach die Fünf-Prozent-Klausel bei einer Streichung der Grundmandatsklausel nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass „sicherlich auch andere Alternativen im Raum gestanden“ hätten. „Wir werden anhand der vom Gericht gefundenen Kriterien auch hierfür eine faire und gerechte Lösung finden.“

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Till Steffen, sprach sich nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wahlrechtsreform gegen eine schnelle weitere Anpassung des Gesetzes aus. „Das Thema Grundmandatsklausel sollte man sich in Ruhe anschauen“, sagte Steffen dem Nachrichtenportal T-Online. „Von Schnellschüssen vor der nächsten Bundestagswahl rate ich ab.“

Der frühere Hamburger Justizsenator lobte das Urteil und seine Ampelkoalition. „Rechtzeitig für die nächste Bundestagswahl haben wir Klarheit. Diese Entscheidung schafft Stabilität für das Wahlrecht“, sagte Steffen. „Die Verkleinerung des Bundestages ist ein großer Erfolg. Dies haben wir gegen den erbitterten Widerstand insbesondere der CSU durchgesetzt.“

FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle lobte das Gericht in Karlsruhe ebenfalls. „Das Bundesverfassungsgericht hat ein kluges Urteil gesprochen und das Herzstück der Wahlrechtsreform bestätigt“, sagte Kuhle dem Nachrichtenportal T-Online.

„Wenn die Politik das Land reformieren will, dann darf sie sich selbst nicht ausnehmen. Aus diesem Grund darf der Deutsche Bundestag nicht immer weiter unkontrolliert wachsen.“ Kuhle sagte weiter, es sei lange umstritten gewesen, ob die Grundmandatsklausel „überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar“ sei. „Hier sorgt das Gericht mit seiner Entscheidung – unter den aktuellen Bedingungen – endlich für die nötige Klarheit.“

(dts Nachrichtenagentur)

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