Philippsburg-Huttenheim. Vor der Bruhrain-Halle in Philippsburg-Huttenheim, wo auf die Atom-Problematik und den Abriss von KKP 1 von der Anti-Atom-Initiative Karlsruhe und mit Unterstützung der Arbeitsgemeinschaft AtomErbe Neckarwestheim hingewiesen wurde, gab es vor kurzem eine Pressekonferenz zum Erörterungstermin bezüglich „Bau einer Atommüllfabrik“.
Harry Block vom BUND Karlsruhe ist Vorstandsmitglied des BUND Mittlerer Oberrhein und Sprecher der kritischen Aktionäre bei der EnBW. Er stellt im Folgenden im Pfalz-Express den Ablauf der Veranstaltung aus seiner Sicht dar:
„Zu Beginn der Erörterung wurden mit den Eingangsstatements von Mitgliedern der Anti-Atom- Initiative Karlsruhe (AAI-KA) und der Bürgerinitiative Müll und Umwelt Karlsruhe wichtige Punkte und Mängel des gesamten Verfahrens angesprochen und waren auch in ihrer Konsequenz durch das Verlassens der ´Veranstaltung´ von den Mitgliedern der AAI-KA voll nachzuvollziehen.
Die etwas zu lang geratene Vorbemerkung der BUND Sachverständigen Becker brachte zwar wesentliche Punkte zu Sprache, hätte aber nach der Erklärung: (sinngemäß) „wenn ich zu bestimmen hätte, hätte ich dem BUND empfohlen, nicht an der Erörterung teilzunehmen“, beendet werden können.
Wir hatten den Bürgern und den Kommunalpolitikern vor Ort empfohlen, ihre Bedenken und Vorschläge an und in diesem Termin vorzutragen. So war es uns nicht einfach möglich, uns vom Acker zu machen, obwohl sich die Annahme, dass der Termin viel zu früh und ohne wirklich nachprüfbare Fakten angesetzt war und damit viele Punkte überhaupt nicht oder nur rudimentär erörtert werden konnten, sich bis zur letzten Stunde bestätigte.
Die Genehmigungsbehörde, vertreten von Gerrit Niehaus, war bemüht – völlig anders als in Neckarwestheim – eine Erörterungsstimmung aufkommen zu lassen. Die Antragsteller – EnKK – blieben aber ziemlich genau bei ihrer Marschlinie des wattierten Betons. Sie lasen aus den bekannten Papieren oder Gesetzen vor.
Wenige Einzelfragen wurden zusätzlich beantwortet (obwohl in den Infokommissionsveranstaltungen auf die Beantwortung von Fragen vertröstet wurde: in der Erörterung).
Der Bürgermeister von Philippsburg und der Beigeordnete von Speyer sprachen sich gegen das Vorgehen beim Reststoffbehandlungszentrum und Sonderabfalllager aus.
Nach vielen Stunden der Erörterung von Einzelfragen, die jede für sich eine gewisse Genehmigungsrelevanz und Aufsichtssorgfalt erfahren muss, kam die Aussage der EnKK, dass das RBZ für den Abriss von KKP1 eigentlich nicht benötigt würde. Diese Aussage zeigt, dass das Konzept nicht stimmig bezüglich Nachhaltigkeit und Strahlenschutzminimierungsgesichtspunkte erarbeitet wurde.
Das Maschinenhaus von KKP1 reicht zusammen mit dem eigentlichen Reaktor voll aus, um die notwendigen Abrissschritte vorzunehmen. Dazu bedarf es natürlich die Nachrüstung mit den besten Filtern nach Stand der Wissenschaft und Technik im Gesamtsystem. Der Kamin von 100 Meter Höhe ist vorhanden.
Die Einhausung aller Abfallgebinde, radioaktiv oder nicht, wurde von uns ebenso gefordert wie die Brennstofffreiheit von KKP1 vor dem Abrissbeginn. Bei der Begründung für die Freimessung wurde deutlich, dass die Nachprüfung des Vorhandenseins von Radioaktivität in einem Abfallgebinde im Grunde nicht möglich ist.
Fünf Personen gaben im letzten Tagesordnungspunkt ein je nach Sichtweise sehr kritisches Resümee über Inhalt und Form der Erörterung ab, so dass dies im Wortprotokoll auch amtlich festgehalten wurde.
Sachverhalte wurden sprachlich so wattiert und verpackt, dass die ursprünglichen Fragen oft nicht mehr erkennbar waren; die Antworten waren rein wissenschaftlicher oder rechtlicher Sprachmüll – so die Meinung von anwesenden Bürgern, denen, weil sie ja nicht ständig anwesend sein konnten, nur die Rolle als absolut passive Zuschauer zugestanden wurde.
Schlimm war, dass zwei Personen, die ihre Bedenken zu äußern versuchten, sogar das Wort abschnitten wurde und sie dann aus Protest die Erörterung verließen, wie einige andere auch.
Und selbstverständlich war auch dieser Erörterungstermin ein Versuch der strategischen Einbindung als Herrschaftsinstrument. Aber anders als in den medial inszenierten Gesprächsrunden wie der Infokommission oder der Mediation, wird in dieser Erörterung im Wortprotokoll jede Einwendung abgebildet und muss von der Genehmigungsbehörde geprüft werden und ist letztlich bei fehlerhafter Abwägung im Genehmigungsbescheid sogar beklagbar.
Das war der Hauptgrund, warum wir uns an diesem Verfahren beteiligten. Es war aber zum gegebenen frühen Zeitpunkt der Projektplanung leider aber auch eine Art Alibi-Veranstaltungen, die dazu diente, das unliebsame Bauprojekt Atommüllfabrik einfach rechtlich auszublenden, um reibungsloser eine Genehmigung zu erhalten.
EnKK (der Vorhabenträger) und Politik (Ministerien, Behörden) konnten mit vollem Ressourceneinsatz in ihrer Arbeitszeit gegen uns antreten, wir Bürger mussten uns freinehmen/beurlauben lassen, in unserer Freizeit alle Informationen mühsam zusammentragen und die dazu notwendigen Mittel auch noch aus dem eigenen Portemonnaie bezahlen.
Denn die Voraussetzung für eine richtige Entscheidung hängt vom Grad der Informiertheit ab, die wiederum hängt auch von der finanziellen Ausstattung und der Gleichheit der Möglichkeiten für alle Seiten ab, diese Informiertheit herstellen zu können – die war auch bei diesem Verfahren zu keiner Zeit gegeben (und auch optisch sichtbar: die da oben, wir da unten).
Oder wie Ministerpräsident Kretschmann die Bürgerbeteiligung kommentierte: „Gehört werden heißt nicht, erhört werden.“ (red)
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