Bellheim – Der BUND Südpfalz bemängelt die Planungen der Ortsgemeinde Bellheim für eine Westspange und lehnt das Vorhaben als „nicht genehmigungsfähig“ ab.
Dies sei ein aktuelles Beispiel für „Die Natur stirbt nicht auf einmal; sie stirbt scheibchenweise“, sagt Karin Marsiske, Vorsitzende der BUND-Kreisgruppe Südpfalz und spricht sogar von einem „Anschlag Bellheims auf seine südpfälzische Natur und Landschaft“.
Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) bezieht sich dabei sowohl auf den Bebauungsplan „Westspange“ der Gemeinde Bellheim, mit dem die Zeiskamer Straße und die Hauptstraße vom Durchgangsverkehr entlastet werden soll, und auch auf die Änderung des Flächennutzungsplans II der Verbandsgemeinde Bellheim. Vorgesehen ist ein Lückenschluss zusammen mit der ebenfalls geplanten Südumgehung zwischen der B 9 und der L 540 Richtung Zeiskam.
(Hier geht es zur Bekanntmachung der Ortsgemeinde Bellheim).
Sprecherin Jenni Follmann schreibt in einer Mitteilung, mit den Planungen zur Bellheimer Westspange werde der Natur- und Menschenschutz „durch eine extreme Auslegung der Ausnahmeregelungen“ außer Kraft gesetzt. „Hierzu können wir als Umweltverband nicht nur still eine Stellungnahme in der laufenden Planung abgeben, sondern müssen uns auch öffentlich äußern“, so Follmann.
Das Vorhaben verstoße gegen die Naturschutzgesetzgebung von Rheinland-Pfalz, des Bundes und gegen die strengen Schutzbestimmungen der EU, die Natur werde „zum Leidwesen breiter Bevölkerungskreise in erheblichem Maße geopfert“. Der jüngst verabschiedete einheitliche Regionalplan Rhein-Neckar mit seinem Schutz für regionale Grünzüge und vorbeugenden Hochwasserschutz bleibe unbeachtet.
Die vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen seien „grotesk“ und könnten zu Todesfallen für wandernde Tiere werden. Eine Stellungnahme der Brüsseler Kommission, die bei Abweichung vom Schutzstatus „prioritärer Lebensraumtypen und Arten“ über das Bundesumweltministerium einzuholen sei, liege offensichtlich nicht vor, so Follmann im Namen des BUND weiter.
Der BUND Südpfalz kritisiert zudem „krass daneben liegende Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung und zum Motorisierungsgrad“. Diese könnten keine seriöse Verkehrszählung ersetzen.
Anstelle einer fundierten aktuellen Verkehrszählung zum neusten Stand der Verkehrsentwicklung gehe das beauftragte Büro Modus Consult von Daten aus dem Jahr 1998 aus. Es errechne einen 34-prozentigen Verkehrszuwachs aufgrund „absolut falscher Prognosen für Bevölkerungs- und Motorisierungszuwachs.“
In der Mitteilung heißt es unter anderem im Wortlaut:
„So sieht das Büro, bekannt für seine Falschprognosen, für die Ortsgemeinde Bellheim von 2002 bis 2015 ein Bevölkerungswachstum von 8.400 auf 10.500 Einwohner, also ein Wachstum von sage und schreibe 20 Prozent; in Wirklichkeit aber ist die Bevölkerung Bellheims gemäß statistischem Landesamt RLP um -0,27 Prozent gewachsen, also geschrumpft.
Ebenso ist die Verbandsgemeinde Bellheim nicht um 25 Prozent, sondern nur um 1,02 Prozent gewachsen. Auch der PKW-Bestand ist nach Angaben des Kraftfahrtbundesamtes nicht um 8 Prozent, sondern um lediglich 3,3 Prozent gewachsen. Die so wohl hinzugekommenen Zweit- oder Drittwagen dürften das Verkehrsgeschehen sicher nicht intensiviert haben.
Was durch die Maßnahme für Natur und Landschaft spürbar auf dem Spiel steht, kann nur andeutungsweise durch Folgendes veranschaulicht werden:
Vom Bau der Westspange sind zwei Natura 2000 Schutzgebiete betroffen, die europarechtlich durch Verschlechterungsverbot geschützt sind:
- Das FFH-Gebiet „Bellheimer Wald mit Queichtal“
- Das Vogelschutzgebiet „Offenbacher Wald, Bellheimer Wald und Queichwiesen“.
Außerdem schützt das Landesnaturschutzgesetz von RLP den unter pauschalem Schutz stehenden Biotop „Altbach westlich Bellheim“ mit seinen Röhrichtbeständen sowie den Biotop „Bachauen westlich von Bellheim“ mit seinen Bruchwäldern und Feuchtwiesen.
Die artenreichen Areale, wo sich beispielsweise in einmaliger Dichte sämtliche in Rheinland-Pfalz vorkommenden Spechtarten konzentrieren, oder so sympathische und vom Aussterben bedrohte Vogelarten wie Eisvogel, Neuntöter, Rotmilan oder Wendehals ihr Refugium haben, dürfen nicht dem Treiben der Straßenbauer und ihren Baustellenfahrzeugen geopfert werden.
Wer dies dennoch durchsetzen möchte, riskiert strafrechtliche Verfolgung. Eine Beschwerde bei der EU-Kommission ist zu erwägen.
Karin Marsiske: „Was ist Planungsrecht und Naturschutzgesetzgebung in unserer Gesellschaft überhaupt noch wert, wenn sie durch immer neue z. T. widerrechtliche Ausnahmegenehmigungen praktisch wieder außer Kraft gesetzt werden?“ (…). (red)
Diesen Artikel drucken