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Bischof Wiesemann zur Missbrauchsstudie – „Die Wut und das tiefe Leiden an der Kirche“

16. September 2018 | Kategorie: Kreis Bad Dürkheim, Kreis Germersheim, Kreis Südliche Weinstraße, Landau, Ludwigshafen, Regional, Rhein-Pfalz-Kreis, Südwestpfalz und Westpfalz

Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann
Foto: über Bistum Speyer

Speyer – Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann wendet sich „im Kampf gegen den Missbrauch“ direkt an die Gemeinden und Gläubigen im Bistum Speyer. Seine Erklärung zur Veröffentlichung der Missbrauchsstudie wird an diesem Wochenende in allen Gottesdiensten der Diözese verlesen.

Nach einem Vorabbericht des „Spiegel“ zeigt die neue Missbrauchsstudie der Deutschen Bischofskonferenz insgesamt 3.677 Opfer auf, die von etwa 1.670 Priestern und Ordensleuten in den Jahren von 1946 bis 2014 missbraucht wurden. Laut der Autoren der Studie gibt es allerdings keine klaren Erkenntnisse über die Dunkelziffer. Die Untersuchung soll am 25. September bei der bischöflichen Herbstvollversammlung in Fulda vorgestellt werden.

Die nun bekannt gewordenen Zahlen über die Dimension des Missbrauchs hätten ihn „zutiefst erschüttert“, schreibt dazu der Speyerer Bischof: „Was Priester unserer Kirche Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen an körperlichem und seelischem Leid zugefügt haben, ist unbeschreiblich und sehr bedrückend.“

Versagen und Schuld treffe auch die Leitung auf allen Ebenen der Kirche. Der Schutz der Kirche sei oft vor den Schutz der Betroffenen gestellt worden. „Das bedaure ich zutiefst und bitte die Betroffenen aus tiefem Herzen um Verzeihung“, so Wiesemann.

Die ersten Ergebnisse der Studie zeigten, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichten. „Wir müssen für unsere Kirche weitere Konsequenzen ziehen und uns allen damit verbundenen Fragen offen und ehrlich stellen.“ Dazu brauche es zuerst eine intensive Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Studie. Er selbst werde sich weiter für eine konsequente Aufarbeitung einsetzen, erklärte der Bischof.

Opfer sollen sich melden

Dabei seien ihm der Kontakt und das Gespräch mit den Betroffenen besonders wichtig. „Sie wurden oft über Jahrzehnte in unserer Kirche nicht gehört und ich bin entschlossen, dies zu ändern und dauerhaft zu gewährleisten.“

Er ermutigt Betroffene, die sich bisher noch nicht gemeldet haben, sich an die beiden Missbrauchsbeauftragten des Bistums zu wenden. Dies könne helfen, Täter zu entlarven und weitere Verbrechen zu vermeiden.

Die Diözese Speyer werde die Prävention weiter ausbauen, personell und finanziell, um so einen umfassenderen Schutz für Kinder, Jugendliche und erwachsene Schutzbefohlene zu erreichen, kündigt Bischof Wiesemann an. „Wir werden alles tun, damit sie bei uns sicher sein können.“

In den letzten Wochen hatten den Bischof nach eigenen Worten viele Mitteilungen erreicht, „aus denen Schmerz und Zorn sprechen“. Er verstehe und teile die Enttäuschung der Gläubigen, „die Wut und das tiefe Leiden an der Kirche.“ Deshalb seien zusätzlich zu Gesprächen mit Betroffenen, Aufklärung und Prävention auch Umkehr, Buße und das gemeinschaftliche Gebet der Kirche notwendig, sagte der Bischof. (red)

Die Erklärung im Wortlaut:

Erklärung von Bischof Wiesemann zur Veröffentlichung der Missbrausstudie

 

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2 Kommentare auf "Bischof Wiesemann zur Missbrauchsstudie – „Die Wut und das tiefe Leiden an der Kirche“"

  1. Änner ausm Nirchendwo sagt:

    Wie man jetzt sieht, hilft das Zölibat nicht, die uneingeschränkte Liebe auf Gott zu projizieren…. wenn die Hormone überhand nehmen, sind halt die Ministranten o.ä. das Ziel. Schafft dieses archaische Zölibat ab, lasst die Kirchendiener Frauen lieben und heiraten, dann wird es zu weit weniger Missbrauchsfällen kommen als bislang. Bei den Protestanten scheint das zu funktionieren, denn von der Seite hört man diese Vorwürfe nicht (oder kaum).

  2. Theni sagt:

    Auch die Abschaffung des Zölibat würde an der Sachlage nichts ändern. Das Problem ist grundsätzlicher Natur, weil sich Männer (oder Frauen?) mit pädophilen Neigungen sich bewusst oder unbewusst in den kirchlichen Dienst stellen und unter diesem Schutzmantel ungehindert an Kinder kommen. Das geht im normalen Leben nicht so einfach oder würde früher oder später auffallen.
    Was die Sache so ekelerregend macht: Das alles war den Kirchenoberen bekannt und sie haben nicht Einhalt geboten, sondern die Täter einfach woanders hin versetzt und die Sache ging munter fort.
    Nein, keine Pauschalierung, es gab und gibt jede Menge anständige Geistliche, die wirklich für die Sache leben und sich niemals an Kindern vergreifen würden! Aber das was die Kirche „aufdeckt“ ist nur die Spitze des Eisbergs!