Südpfalz/Berlin – Derzeit sinken die Corona-Infektionen bundesweit, die Lage entspannt sich zusehends. Experten und Modellrechner warnen indes vor einer möglichen vierten Welle im Herbst.
Grund für diese Befürchtungen sind Ausbreitung der Virusvarianten Alpha (Früher: „Britische“) und Delta (Früher: „Indische“). Dafür brauche es eine Impfquote von rund 80 Prozent, sagt beispielsweise der Vorsitzende des Weltärztebunds, Frank Ulrich Montgomery.
Angesichts dieser Warnungen wollte der Pfalz-Express vom südpfälzischen CDU-Bundestagsabgeordneten und Parlamentarischen Staatssekretär bei Gesundheitsminister Jens Spahn, Dr. Thomas Gebhart, wissen, ob man in Berlin darauf vorbereitet ist. Stand 11. Juni 2021 lagen die Erstimpfungen in Deutschland bei 47,5 Prozent.
Wie lange hält die Schutzwirkung?
Wie lange der Impfschutz hält, ist derzeit noch völlig unklar. Zeiträume von sechs Monaten bis zu zwei Jahren werden in bisher vorliegenden Studien genannt. Die Impfstoff-Hersteller Moderna und Biontech/Pfizer gaben an, dass die Wirkung ihrer Impfstoffe sechs Monate nach der zweiten Impfung immer noch bei über 90 Prozent liegt. Die Hebräische Universität in Jerusalem geht sogar von zwei Jahren aus, der Virologe Drosten rechnet mit einer einmaligen Auffrischung im Winter. Klar ist also vieles noch nicht.
Bleiben demnach die Infrastrukturen für weitere Impfungen bestehen (Impfzentren), ist man logistisch vorbereitet auf ein „worst case“-Szenario, dass Impfungen möglicherweise schon im Winter wiederholt werden müssen, obwohl noch nicht alle eine Erstimpfung erhalten haben? Gibt es seitens des Bundesgesundheitsministeriums (oder der Bundesregierung) Pläne, wie die Wiederholungsimpfungen künftig organisiert und umgesetzt werden?
„Die Frage der Dauer der Immunität und damit der Notwendigkeit etwaiger Auffrischungsimpfungen ist aktuell noch Gegenstand klinischer Studien“, sagte Gebhart auf Anfrage des Pfalz-Express. Zurzeit gebe es noch kein „immunologisches Korrelat“. Gemeint ist damit der Antikörperschwellenwert, der erreicht sein muss, damit man von einem immunologischen Schutz ausgehen kann. Der Antikörperschwellenwert könne aber ein wesentliches Kriterium sein, um die Erforderlichkeit von Auffrischungsimpfungen bestimmen zu können, so Gebhart: „Wir gehen zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass Auffrischimpfungen allenfalls ab dem Winter erforderlich sein werden. Die EU hat vor diesem Hintergrund bereits frühzeitig genug Impfstoff auch für 2022 und 2023 bestellt.“
Impfzentren schrittweise reduzieren
Die bestehenden Impf-Infrastrukturen – insbesondere der Betrieb der Impfzentren – sollen laut Gebhart schrittweise reduziert werden, sobald sie für eine flächendeckende und möglichst zeitnahe Versorgung der Bevölkerung nicht mehr benötigt werden. Auf dem Impfdashboard des Robert Koch-Instituts (https://impfdashboard.de/) sieht man, dass immer noch ein Großteil der Impfungen von den Impfzentren vorgenommen wird. Jedoch ist laut Gebhart beabsichtigt, nach und nach die Impfkampagne in die Regelversorgung zu überführen. Ob die alles abdecken kann – Erst-, Zweit- und Auffrischungsimpfungen für 80 Prozent der Bevölkerung – scheint momentan nicht so recht vorstellbar.
Gebhart: „Selbstverständlich darf so ein Schritt nicht auf Kosten der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger gehen, weshalb die Impfzentren abhängig von der jeweiligen regionalen Versorgungssituation erst abgebaut werden können, wenn sich daraus kein zeitlicher Nachteil für die Impfkampagne mehr ergeben kann.“ (cli)
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