Rheinzabern – Ihn schmerze die Grenze zwischen Wissenschaft und „Volk“. Dabei sei sein „profanes“ Publikum oft interessierter als junge Studenten, und im Seniorenalter gäbe es noch sehr eifrige Schüler, meinte Prof. em. Dr. Eckart Olshausen.
Er sollte recht behalten, denn das Kleine Kulturzentrum Rheinzabern war nicht nur brechend gefüllt, sondern die Besucher waren auch aus einem Umkreis von über 50 km angereist. Sie lauschten einem Experten, dem es gelang, sein Thema lebendig zu vermitteln und sein Publikum zu fesseln.
Anlässlich der aktuellen Sonderausstellung im Terra Sigillata Museum erläuterte Prof. em. Dr. Eckart Olshausen die Entstehung einer der berühmtesten antiken Karten, deren Urquelle jedoch verschollen ist, die aber immer weiter ergänzt und kopiert wurde. Fast wie mit kriminalistischem Feinsinn ging er auf die Entstehung der römischen Weltkarte ein und entschlüsselte Farben und Symbolik.
Der Referent zeigte einige Beispiele antiker „Karten“ aus Terrakotta (Soleto/Apulien bzw. Babylon ), die ebenso als Vorgänger der „Tabula“ gelten können wie die verschollene Karte des Agrippa.
Die Tabula Peutingeriana, wie die Karte nach einer mittelalterlichen Kopie heißt, unterscheidet sich deutlich von heutigen Karten, die eingenordet, maßstabsgerecht und mit einer Legende versehen sind. Mit ihrem ausgefallenen Format von ca. 4 m Länge und rund 35 cm Breite entspricht sie mehr einem Itinerarium, einer Aufzählung von Orten, wie z.B. in einer S-Bahn-Netzkarte. Und sie ist wunderschön.
Ratsherr und Diplomat Konrad Peutinger aus Augsburg erwarb 1507 eine mittelalterliche Kopie der römischen Weltkarte und gab ihr den heutigen Namen. Später gelangte die Karte in die Hände von Prinz Eugen, weshalb sie heute in der österreichischen Nationalbibliothek wie ein Augapfel gehütet wird. Seit 2007 zählt diese Karte sogar zum Weltdokumentenerbe. Eine Kopie davon ist auch im Museum Rheinzabern ausgestellt.
Die „Tabula“ wurde ständig erneuert, Symbole wurden ergänzt, Namen eingetragen. Ist in einer Karte z.B. Pompeii noch als unzerstörte Stadt enthalten, so weist dies auf die Entstehung vor dem Jahr 79. v. Chr. hin – genau wie der Eintrag Konstantinopolis darauf hinweist, dass diese Karte nach 330 etwa entstanden sein muss, denn vorher hieß diese Stadt Byzanz. 4000 Ortsnamen – darunter 550 Städte – sind in der „Tabula“ enthalten, von denen über 90% identifiziert sind, darunter auch Tabernis/Rheinzabern.
Olshausen zeigte Details aus vielen Regionen des Imperium Romanum, wobei Italien detailreicher abgebildet ist als mehr peripher gelegene Räume. Besonders schön sind allegorische Darstellungen von Rom oder etwa Antiochia, dem heutigen türkischen Atakya, mit dem Daphne Hain und dem Fluss Orontes.
Dem Vortrag folgte eine angeregte Diskussionsrunde.
Mehr über das Wunderwerk der Tabula Peutingeriana wird ein Vortrag der Volkshochschule am kommenden Donnerstag bieten, wenn Prof. Ulrich Fellmeth, Universität Hohenheim, wie Olshausen ein exzellenter Kenner der Materie, weitere Aspekte der Tabula Peutingeriana behandelt. (gb/red)
Die Sonderausstellung Tabula Peutingeriana im Terra Sigillata Museum dauert noch bis zum 7. April 2013. Öffnungszeiten: Mi-Sa 11.00-16.00 Uhr, an So- und Feiertagen 11.00-17.00 Uhr.
Vortrag von Prof. Fellmeth: Die Frage der Zweckbestimmung der Tabula Peutingeriana. Donnerstag, 7.3.2013, 19.30 Uhr im Kleinen Kulturzentrum Rheinzabern. Eintritt frei.
Diesen Artikel drucken