Verbandsgemeinde Hauenstein (Südwestpfalz). Eine unschätzbare Zahl von Unternehmen sehen sich aufgrund der gegenwärtigen und vergangenen Zwangsschließungen vor gewaltigen Herausforderungen und viele in erheblichen nachhaltigen Schwierigkeiten.
Hinzu kommen Zukunftsängste. Besonders schwer getroffen ist die Branche Gastronomie und Hotellerie. Der Verbandsgemeinde Hauenstein kann letzteres die wirtschaftliche Grundlage entziehen, gilt hier doch laut früherer Auskunft der Tourismus als wichtigster Wirtschaftszweig.
Während Ladengeschäfte unter Voraussetzungen wieder eröffnen konnten – in der Verbandsgemeinde (VG) Hauenstein sind wohl alle wieder offen – ist das Gastgewerbe nach wie vor „außer Betrieb“, von der Ferienwohnung bis zum Hotel und von der Wanderhütte über die Schankwirtschaft bis zum Speiserestaurant. Einnahmen fallen aus, meist komplett. Der Großteil der Kosten läuft weiter. Für die Betreiber, in der Regel Familien sowie die gemeinnützigen Pfälzerwaldvereine, geht es an die Substanz. Schwere Sorgen können nicht ausbleiben.
Gespräche mit Gastronomen in der VG Hauenstein ergaben: Man konnte sich noch nicht einmal vorbereiten. „Ich habe frühestens am Donnerstag oder Freitag erfahren, dass ich am Montag (16. März) schließen muss – aus den Medien!“, erinnert sich Rolf Rauscher, Eigentümer der Gaststätte „Zur Krone“ in Darstein. Nein, von keiner Behörde in Land, Kreis oder Verbandsgemeinde sei informiert worden, auch von keinem Fachverband oder der Kammer.
Er habe gerade frisch eingekauft gehabt und soweit möglich einfrieren müssen. Die Betreiber des „Landgasthof-Hotel zum Ochsen“ in Hauenstein hatten sich schon „vor sieben oder acht Wochen“ auf mögliche Infektionsgefahren eingestellt, ohne Vorgaben oder Ratschläge von politischer oder amtlicher Seite.
Thomas Engel: „Meine Gäste habe ich nicht mehr per Handschlag begrüßt sondern mit Desinfektionsmittel aus der Sprühflasche und jeder zweite Tisch war gesperrt.“ In seinem Haus sei man sensibilisiert und würde schon seit langem pflichtgemäß die Mitarbeiterschaft jährlich im Infektionsschutz unterweisen.
Der wirtschaftliche Schaden werde „immens“ sein, sehen Heidi und Thomas Engel. „Der erste Monat war noch im Rahmen. Im zweiten war Ostern und Weißer Sonntag – das tut schon weh, und im Mai gehen normalerweise die Leute wieder raus. „Wir hoffen auf den Mai.“ Weiterlaufende Ausgaben müssten geschultert werden.
Die Grundkosten blieben die selben. Von den Verbrauchskosten falle manches geringer aus angesichts der Schließung, aber die Stromkosten beispielsweise blieben nahezu gleich, denn die Kühlgeräte seien derzeit besonders gefordert. Das Kurzarbeitergeld müsse vorab aufgebracht werden. „Für März haben wir das komplett vorfinanziert und bis jetzt ist noch nichts eingegangen.“
Rolf Rauscher schildert die selbe Situation. Auch er muss den Lohn seiner Mitarbeiterin, die er nicht beschäftigen kann, vorstrecken, „und ich selbst habe kein Einkommen“. Einen Verlustausgleich gebe es nicht. Man falle durch den Rost, Rolf Rauscher als Einzelunternehmer mit einer Mitarbeiterin und die Familie Engel mit mehr als zehn.
Es müsse in die Rücklagen gegriffen werden. Beide befürchten, dass viele Betriebe nicht überleben werden. „Dann sieht es schlecht aus für unsere Region“, meint Kronenwirt Rauscher. Die angekündigte vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 19 auf sieben Prozent reiche keinesfalls aus „und macht nur Sinn, wenn wir bis dahin wieder aufmachen dürfen“.
Wann, wie und unter welchen Voraussetzungen es weitergehen soll, ist in beiden Betrieben gänzlich unbekannt. Noch nicht einmal ansatzweise habe man Rahmenbedingungen mitgeteilt bekommen, auf die man sich vorbereiten könnte. „Ich hänge in der Luft“, sagt Rolf Rauscher und bestätigt, dies sei die schlechteste denkbare Voraussetzung für unternehmerisches Handeln. Wie auch Heidi und Thomas Engel ist er sich sicher, dafür Sorge tragen zu können, dass sich in seinem Lokal niemand ansteckt.
Thomas Engel will an die Vernunft der Gäste appellieren und hat Vorbereitungen getroffen: statt er mit Sprühflasche steht jetzt am Eingang ins Restaurant ein berührungslos spendendes Handdesinfektionsgerät, weitere hängen in den Toiletten.
Sowohl Heidi und Thomas Engel als auch Rolf Rauscher erweckten sinnbildlich den Eindruck, sie stehen mit aufgekrempelten Ärmeln bereit, wollen loslegen und wieder nach vorne schauen.
Die langfristige Perspektive sehen beide Betreiber kritisch. Ein volles Nebenzimmer werde es auf absehbare Zeit nicht mehr geben, auch keine Stammtische. „Das sind die kostendeckenden Grundlagen, Urlauber sind die Butter aufs Brot“, schildert Gastronom Rauscher seine Situation. Solange kein Impfstoff gefunden sei, werde in Darstein ein rentabler Betrieb nicht möglich sein, sieht er voraus. „Es wird sehr schwer sein.“
Ein Jahr werde er wohl überbrücken müssen. Familie Engel hofft, der Pfälzerwald könnte auf lange Sicht gegenüber anderen Destinationen attraktiver werden, wenn sich der Trend zu sanftem Tourismus verstärkt. Auch diesbezüglich hat sich Thomas Engel vorbereitet: er ist ausgebildet als Begleiter im „Waldbaden“.
Landesregierung ohne Plan?
Am 26. April erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) gegenüber der Deutschen Presseagentur, bei der Lage der Gastronomie gebe es „Gesprächsbedarf“. Im selben Zug dämpfte sie Erwartungen. Man habe sehr viel erreicht. „Das dürfen wir nicht verspielen“.
Bislang fehle der Branche in der Coroana-Krise jede Perspektive, konstatierte am selben Tag Christian Baldauf als Vorsitzender der CDU-Fraktion im Landtag und forderte die Erstellung „eines detaillierten Hygieneplans für die Gastronomie“. Die Landesregierung sei in der Pflicht, damit die Grundlage für eine schrittweise Öffnung der Gaststätten zu schaffen. Die Gefahr sei groß, dass viele Betriebe nicht überlebten und damit viele Arbeitsplätze verloren gingen. (Werner G. Stähle)
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