Berlin – Wirtschafts- und Außenpolitiker der Union haben die massive Ausweitung deutscher Rüstungsexporte nach Israel verteidigt.
„Was bereits in der Vergangenheit galt, gilt auch in diesem Fall: Deutschland bekennt sich zu seiner besonderen Verantwortung gegenüber Israel“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer. „Lieferungen von Verteidigungsgütern an Israel unterstütze ich aus sicherheits- und außenpolitischen Gründen vollumfänglich und uneingeschränkt.“
Pfeiffer fügte allerdings hinzu, dass er Spekulationen zu den Entscheidungen des nicht-öffentlich tagenden Bundessicherheitsrats nicht kommentieren wolle. Der geheim tagende Bundessicherheitsrat, ein Unterausschuss der Bundesregierung, entscheidet über Rüstungsexporte.
Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz, unterstützt Waffenexporte nach Israel. „Grundsätzlich halte ich es für richtig, dass Deutschland auch durch die Lieferung von Wehrtechnik und Rüstungsgütern dazu beiträgt, die Sicherheit Israels zu erhöhen“, sagte Polenz. „Von der Bundesregierung nicht bestätigte Informationen über die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Israel kann ich nicht kommentieren“, sagte er. „Das darin liegende Dilemma für eine öffentliche Diskussion habe ich in der Vergangenheit mehrfach öffentlich benannt.“
Nach Informationen des „Handelsblatts“ aus Regierungskreisen soll Israel an Waffen nahezu „alles“ bekommen haben, „was es haben wollte“. Der Bundessicherheitsrat soll neueste Funk- und Aufklärungstechnik, darunter Sonar- und Radar-Geräte für die israelische Marine sowie Pläne für Startvorrichtungen von ballistischen Flugkörpern aus Torpedorohren der von Deutschland bereits gelieferten U-Boote genehmigt haben.
Die U-Boote sind wegen ihrer schlechten Ortbarkeit ein wichtiger Faktor in der israelischen Abschreckungsdoktrin gegen mögliche Vernichtungsschläge mit atomaren Waffen aus dem Iran. Allerdings müssen dazu die Torpedorohre entsprechend umgerüstet werden, um aus diesen auch Flugkörper mit längerer Reichweite abfeuern zu können.
Wie zudem aus Kreisen der Bundesregierung und der Wehrtechnikindustrie zu erfahren ist, hat der Bundessicherheitsrat in verstärktem Umfang auch Waffensysteme für die Landkriegsführung genehmigt. Diese waren bislang strittig. Es geht dabei um die Lieferung von panzerbrechenden Waffen nach Israel. Dabei handelt es sich um moderne Panzerfäuste, die nicht nur gegen Fahrzeuge, sondern auch im Häuserkampf eingesetzt werden können.
SPD und Grüne üben heftige Kritik
Politiker von SPD und Grünen haben die massive Ausweitung deutscher Rüstungsexporte nach Israel hingegen scharf kritisiert. „Wenn es stimmt, dass der Bundessicherheitsrat in verstärktem Umfang Waffensysteme für die Landkriegsführung genehmigt hat, dann wäre dies ein klarer Bruch mit der bisherigen Rüstungsexportpraxis vorhergehender Bundesregierungen“, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich. Für die Regierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gehe offenbar viel mehr als früher.
„Die neue Doktrin, Waffen als sogenannten Beitrag zur Stabilisierung zu verstehen, befördert die weitere Aufweichung und schafft anstelle von Stabilität weitere Unsicherheiten.“ Woher die Bundesregierung die Sicherheit nehme, dass diese Waffen nicht eines Tages zur Durchsetzung der völkerrechtswidrigen, auch von Deutschland immer wieder kritisierten Expansionspolitik in den besetzten Gebieten eingesetzt werde, bleibe völlig offen, sagte Mützenich weiter. Der Gaza-Konflikt habe gezeigt, dass Israel zwar fraglos ein Recht auf Selbstverteidigung habe, aber der Nahostkonflikt sich militärisch nicht lösen lasse.
„Warum die stärkste Militärmacht der Region, die selber ein großer Rüstungsexporteur ist, vor dem Hintergrund der jüngsten Eskalation des israelisch-palästinensischen Konflikts von Deutschland, mit Waffensystemen für die Landkriegsführung ausgerüstet werden muss, entbehrt jeder rationalen Begründung.“
Harsche Kritik äußerte auch die Grünen-Verteidigungsexpertin Katja Keul. „Die selbstverpflichtenden Grundsätze der Bundesregierung verbieten grundsätzlich Kriegswaffenlieferungen in ein Spannungsgebiet wie den Nahen Osten“, sagte Keul. Ob und welche besonderen sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik im Falle Israels eine Ausnahme begründeten, halte die Bundesregierung aber geheim. „Soweit es um Material geht, dass die Nuklearfähigkeit der von Deutschland gelieferten U-Boote fördert, kommt eine solche Ausnahme nicht in Betracht.“ Die Grünen unterstützten vielmehr die Forderung nach einer Konferenz über die Einrichtung einer „massenvernichtungsfreien Zone“ im Nahen Osten.
Keul warf Merkel zudem vor, mit der laxen Rüstungsexportpolitik ihrer Regierung eine friedliche Lösung in dem Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern zu verhindern. „Die Kanzlerin hatte Anfang des Jahres zunächst die weitere Lieferung von U-Boote von einer Beendigung der Siedlungspolitik der israelischen Regierung abhängig gemacht. Als diese Kritik ignoriert wurde, hat sie trotzdem geliefert. So kann man Friedensverhandlungen nicht voran bringen“, sagte die Grünen-Politikerin. „Schon gar nicht kann man dies durch die Lieferung von panzerbrechenden Waffen, die auch für den Häuserkampf geeignet sind.“
Die außenpolitische Botschaft der deutschen Rüstungsexportpolitik stehe damit in diametralem Gegensatz zu den öffentlichen Bekenntnissen der Bundesregierung für eine politische Zwei-Staaten-Lösung im Nahen Osten. (red/ dts Nachrichtenagentur)
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