Mainz. „Brücken bauen, Integration stärken in Zivilgesellschaft und Kommunen in Rheinland-Pfalz“ – Unter diesem Motto hat Ministerpräsidentin Malu Dreyer am Internationalen Tag der Freiwilligen den BrückenPreis verliehen.
Im Rahmen einer Feierstunde zeichnete sie neun Projekte aus, die mit guten Ideen und neuen Ansätzen den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.
„Die Initiativen, die heute prämiert werden, leben von den Ideen, der Kreativität und dem Engagement von Menschen. Ihnen wollen wir Dank sagen und ihre Arbeit öffentlich würdigen“, sagte die Ministerpräsidentin.
Der BrückenPreis stelle dabei eine Seite des Ehrenamtes in den Mittelpunkt, die ihr besonders wichtig sei. „Bürgerschaftliches Engagement stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Es verbindet Menschen und baut Brücken zwischen verschiedenen Gruppen und Lebenswelten. Es ist damit ein wichtiger Faktor gesellschaftlicher Integration“, so Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
In diesem Jahr sei die davon ausgehende Kraft besonders eindrucksvoll in der ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe sichtbar geworden. Viele Menschen hätten sich aus Betroffenheit, Mitgefühl und Anteilnahme heraus für die zu uns kommenden Flüchtlinge engagiert und ein deutliches Zeichen für eine Willkommenskultur gesetzt. „Mir ist es ein besonderes Anliegen, dieses Engagement mit zwei Sonderpreisen zu ehren“, sagte die Ministerpräsidentin.
Eine fachkundige Jury hatte aus 77 Bewerbungen die Preisträger bestimmt. Gefragt wurde nach den erzielten Integrationseffekten, nach der Modellhaftigkeit der Projekte, aber auch nach der Anzahl der freiwillig Engagierten und den erreichten Adressaten.
Neben einer symbolischen Brücke erhalten die Preisträger zur Unterstützung ihres Engagement 2.000 Euro. Die beiden Sonderpreise sind mit jeweils 1.000 dotiert. „Allen Projekten, auch denjenigen, die heute nicht ausgezeichnet werden, sei an dieser Stelle ganz herzlich gedankt, für die Bewerbung sowie ihre Arbeit vor Ort“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.
Kategorie „Bürgerschaftliches Engagement von Jung und Alt“
Preisträger: Deutscher Kinderschutzbund Landau-Südliche Weinstraße e.V. – Das Kinder- und Jugendtelefon im Kinderhaus Blauer Elefant
Im Kinderhaus „Blauer Elefant“ beraten rund 60 Ehrenamtliche am Kinder- und Jugendtelefon Heranwachsende anonym und kostenlos zu Themen wie Familie, Freundschaft, Schule, Pubertät, Sexualität, Partnerschaft, Gewalt und Mobbing.
Sie nehmen vor ihrem Einsatz an einer 120 Stunden umfassenden Ausbildung teil, absolvieren pro Monat mehrere dreistündige Telefondienste und besuchen regelmäßig Praxisbegleitungen, Fortbildungen und Supervisionen.
Beim Kinder- und Jugendtelefon engagieren sich Menschen verschiedener Altersgruppen, Berufsgruppen, Geschlechter und Menschen mit unterschiedlichen Bildungs- und Erfahrungshintergründen.
Jugendliche Berater ab 16 Jahren helfen heranwachsenden Anrufern auf Augenhöhe, erwachsene Berater lassen ihre Geduld und Lebenserfahrung in die Beratungstätigkeit einfließen. Auf diese Weise profitieren unterschiedliche Generationen auf beiden Seiten des Telefonhörers von dem Angebot.
Die jugendlichen Anrufenden erhalten kostenlos und anonym Rat und Hilfe zu ihren individuellen Anliegen. Die ehrenamtlichen Berater stärken ihre eigenen Kompetenzen wie insbesondere Kommunikationsfähigkeit und Empathie.
Kategorie „Bürgerschaftliches Engagement von Menschen mit und ohne Behinderung“;
Preisträger: Die Integrative Musik-AG (iMAG) aus Bitburg, ein Kooperationsprojekt der St. Martin-Schule und dem Haus der Jugend Bitburg aus dem Bistum Trier
Im Herbst 2014 wurde im Rahmen einer Kooperation zwischen der St. Martin-Schule Bitburg und dem Haus der Jugend Bitburg die integrative Musik-AG – kurz iMAG – gegründet. Ziel der iMAG ist es, behinderten und nichtbehinderten jungen Menschen die Möglichkeit zu bieten, gemeinsam zu musizieren, zu singen, zu tanzen und als Schauspieler in andere Rollen zu schlüpfen.
Das Projekt ist eingebettet in die Arbeitsgemeinschaft zur Integration Jugendlicher mit Behinderung, der BAG, im Haus der Jugend in Bitburg. In der iMAG ist im vergangenen Jahr die Idee entstanden, das Musical „Die Tomatenmaler“ einzustudieren und aufzuführen.
Über 80 junge Menschen mit und ohne Beeinträchtigung haben seit Januar 2015 in den unterschiedlichen Sparten Band, Schauspiel, Gesang und Tanz geprobt. Die Gruppe Technik kümmerte sich um die Bühnengestaltung.
Jeder kann mitmachen und sich dort engagieren, wo seine besonderen Stärken liegen. Gemeinsam wurde daraus etwas ganz Besonderes, ein eigenes Musical. Die Premiere war am 27. September 2015. Weitere Vorführungen sind vorgesehen. Auszüge aus dem Musical waren bei der Preisverleihung zu sehen.
Kategorie „Bürgerschaftliches Engagement von Deutschen und Migrantinnen / Migranten“;
Preisträger: das Jugendbüro der Verbandsgemeinde Ramstein-Miesenbach
In Ramstein-Miesenbach leben Menschen aus 80 Nationen zusammen. Das Jugendbüro der Verbandsgemeinde macht seit zehn Jahren die Integration zum Schwerpunkt seiner Arbeit. Die Zeitung „Wir sagen Willkommen“ mit einer Auflage von 50.000 Exemplaren informiert Migranten und gibt Raum für ihre Lebensgeschichte, die Hintergründe von Flucht und Asyl.
Das Jugendbüro hat Integrationslotsen ausgebildet. 14 Ehrenamtliche betreuen jeweils eine ausländische Familie mit Kindern und helfen ihnen, den Alltag in der neuen Heimat zu bewältigen. „Deutsch trainieren für den Alltag“ heißt es an zwei Tagen in der Woche. Dabei werden Neuankömmlinge und Flüchtlinge zu Deutschkursen eingeladen.
Dieses Angebot wird von Ehrenamtlichen und Freiwilligendienstlern organisiert. Ehrenamtliche des Jugendbüros helfen Migranten und Migrantinnen darüber hinaus bei Behördengängen, Arztbesuchen, beim Einkaufen und vielen anderen Angelegenheiten des Alltags, die neu, ungewohnt, fremd und schwierig sind.
Mit einem Hausbesuchsdienst werden Flüchtlinge begrüßt und die verschiedensten Unterstützungsmöglichkeiten angeboten. Auch Freizeit- und Begegnungsangebote gehören zu den Aktivitäten des Jugendbüros.
Kategorie „Bürgerschaftliches Engagement gegen soziale Benachteiligung, Ausgrenzung und Diskriminierung“;
Preisträger: Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Rheinland-Pfalz e.V.
Der Landesverband Psychiatrie-Erfahrener Rheinland-Pfalz e.V. (LVPE) ist ein gemeinnütziger, eingetragener Verein für von psychischen Erkrankungen betroffenen Menschen. Gegründet aus bestehenden Selbsthilfegruppen in Mainz, Landau und Trier engagiert sich der Verband schon seit 20 Jahren für die Gleichstellung von psychisch und somatisch erkrankten Menschen.
Er bietet Betroffenen Beratung und Hilfe an und arbeitet dabei eng zusammen mit der Rhein-Mosel Fachklinik in Andernach, der Rhein-Hessen Fachklinik in Alzey, dem Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier und dem Pfalzklinikum für Psychiatrie und Neurologie in Kaiserslautern und Rockenhausen.
Der Verband fördert und unterstützt den Einsatz von Genesungshelfern vor Ort und organisiert Fachtagungen zu aktuellen Themen wie Krisenintervention im ländlichen Raum oder zu neuen Wegen der Arbeit mit psychisch Kranken. Er ist aber auch auf der politischen Ebene sehr aktiv und kümmert sich um eine intensive Öffentlichkeitsarbeit.
Kategorie „Bürgerschaftliches Engagement in grenzüberschreitender Zusammenarbeit“;
Preisträger: TuFA Tanz e.V. Trier und Dance Development Luxemburg
Die Tuchfabrik ist soziokulturelles Zentrum und Kleinkunstbühne in Trier. Das Dance Development Luxemburg verfolgt dieselben Anliegen auf der luxemburgischen Seite. Beide Partner haben sich zusammengefunden, um gemeinsam in einem grenzüberschreitenden Tanzprojekt Begegnung, Austausch, Kennenlernen und Zusammenarbeit zu befördern.
Das Tanzprojekt „Beyond Movement“ besteht aus drei Masterclasses, die sich jeweils einem Künstler und seiner Bearbeitung eines Themas widmen. Die mitwirkenden Künstler aus Trier und Luxemburg bekamen die Gelegenheit zu einem Gedankenaustausch und zur künstlerischen Zusammenarbeit, in der die Ländergrenzen keine Rolle spielen.
Die deutsch-chinesische Künstlerin Hannah Ma von der TUFA Trier und ihr Projektpartner Anu Sistonen vom Dance Development in Luxemburg haben mit „Beyond Movement“ ein besonderes Kulturprojekt verwirklicht, das auch politisch Farbe bekennt und auf besonders anschauliche Weise die Themen Flucht und Vertreibung aufgreift.
Kategorie „Förderung von Bürgerbeteiligung und gesellschaftlicher Partizipation“;
Preisträger: Elektrobürgerauto der Verbandsgemeinde Birkenfeld: Bürger fahren Bürger
Das Elektrobürgerauto befördert seit 2014 alle Bürger der Verbandsgemeinde Birkenfeld, die zeitweise oder dauerhaft nicht in der Lage sind, Auto zu fahren oder den Bus zu nutzen.
Es kann einen Tag vor der geplanten Fahrt telefonisch bei der Verbandsgemeinde bestellt werden. Das Motto lautet „Bürger fahren Bürger“, denn Ehrenamtliche übernehmen den Telefondienst, das Fahren, die Entwicklung der Buchungssoftware und sind Kümmerer für das Fahrzeug.
Die Verbandsgemeinde stellt das Fahrzeug, Handy und Festnummer, sorgt für die Versicherung, deckt die laufenden Kosten und kümmert sich um die Organisation. Der Klimaschutzmanager der Verbandsgemeinde fungiert als Kontaktperson zwischen den Ehrenamtlichen und der Verwaltung. Für die Fahrdienste wird kein Fahrpreis erhoben.
In der Regel geben die Fahrgäste eine kleine Spende, so dass die Betriebskosten bisher knapp gedeckt sind. Das Elektrobürgerauto hat bisher mehr als 2.000 Fahrten und rund 30.000 km hinter sich. 15 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sind fünf Tage die Woche von 8 bis 18 Uhr im Einsatz.
Kategorie „Anlauf- und Koordinierungsstellen für bürgerschaftliches Engagement“;
Preisträger: KoblenzerBürgerStiftung
Die KoblenzerBürgerStiftung ist ein Netzwerk von engagierten Bürgerinnen und Bürgern und deren Initiativen, das den Erfahrungsaustausch organisiert und konkrete Hilfe und Unterstützung bietet.
Die von ihr gegründete Ehrenamtsagentur fungiert als Anlauf- und Koordinierungsstelle für ehrenamtliches Engagement. Zwölf ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zählen seit vielen Jahren zum festen Team und gewährleisten tägliche Öffnungszeiten der Geschäftsstelle, informieren, beraten und stehen bei allen Fragen rund um das ehrenamtliche Engagement zur Verfügung.
Auch bei der Suche nach ehrenamtlichen Lernpatinnen und Lernpaten, dem zweiten großen Projekt der BürgerStiftung, leistet die Ehrenamtsagentur einen wichtigen Beitrag. In den vergangenen fünf Jahren konnten über 70 Paten gewonnen, für ihr Ehrenamt qualifiziert und von der Bürgerstiftung bei ihrem Einsatz in Schulen begleitet werden.
24 von 25 Grundschulen im Koblenzer Stadtgebiet sind bereits Kooperationspartner der Bürgerstiftung. und nutzen die Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Lernpatinnen und -paten.
Sonderpreis „Bürgerschaftliches Engagement in der Flüchtlingshilfe“
1. Sonderpreisträger: Sozialdienst katholischer Frauen Trier e.V., Projekt „Da sein – Leben helfen“
Schwangere Frauen, die aus ihrem Heimatland geflüchtet sind, haben vielfach Traumatisches erlebt. In Deutschland angekommen sind sie mit einem medizinischen System konfrontiert, das ihnen fremd ist. Diese Frauen brauchen besondere Unterstützung und Begleitung.
So ist im SkF Trier die Idee geboren worden, für schwangere Flüchtlingsfrauen ehrenamtliche Schwangerschaftsbegleiterinnen zu gewinnen und zu qualifizieren. Sie begleiten die Frauen während der Schwangerschaft zu Arztterminen, unterstützen sie bei allen Vorbereitungen auf das Leben mit Kind und sind auf Wunsch auch bei der Geburt dabei.
Durch die vorübergehende Begleitung und Unterstützung entstehen Bindungen und Chancen der Integration.
2. Sonderpreisträger: Sozialdienst katholischer Frauen Mainz e.V., Wohngemeinschaft für Flüchtlingsfrauen
Der SkF Mainz stellt für alleinstehende, schwangere, traumatisierte und alleinerziehende Flüchtlingsfrauen, deren Asylantrag angenommen wurde, eine betreute Unterbringung in einer separaten Wohngemeinschaft für Flüchtlingsfrauen bereit.
Den betroffenen Frauen wird dadurch eine Unterbringung geboten, die ihre besondere Schutzbedürftigkeit berücksichtigt, Möglichkeiten für das Erlernen der deutschen Sprache und zur beruflichen Orientierung bereithält.(mrlp)
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